Zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (PGB) als eigenständiger Teilbereich der Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sind seit dem Jahr 2014 alle Arbeitgeber mit mindestens einem versicherungspflichtigen Mitarbeiter, damit faktisch alle Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet!
Wer ist für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich?
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber für die Planung und Durchführung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich. Er muss die Gefährdungsbeurteilung nicht selbst durchführen, sondern kann zuverlässige und fachkundige Personen damit beauftragen (§ 13 Abs. 2 ArbSchG). Zur fachlichen Beratung sieht der Gesetzgeber vor allem die Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie die Betriebsärztinnen und die Betriebsärzte vor. Diese haben den Arbeitgeber, die für den Arbeitsschutz verantwortlichen Personen und den Betriebsrat bei der Planung und Durchführung der Gefährdungsbeurteilung zu unterstützen und zu beraten (§§ 3, 6 und § 9 Arbeitssicherheitsgesetz – ASiG)
Der Betriebsrates muss eingebunden werden
Besonders wichtig ist die frühzeitige und umfassende Einbindung des Betriebsrates. Denn es gehört zu den Aufgaben des Betriebsrates, darüber zu wachen, dass die Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer einhalten werden (§ 80 Abs. 1 Nr. 1, Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG). Der Betriebsrat hat bei der Organisation und Durchführung der Gefährdungsbeurteilung zudem Mitbestimmungsrechte.
Was ist bei der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zu beachten?
Bei der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen hat sich der Arbeitgeber an Grundsätzen zu orientieren, die in § 4 ArbSchG beschrieben sind. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird. Von besonderer Bedeutung ist die Regelung der Schutzmaßnahmen: Die Gefahren, die von der Belastung ausgehen, sind vorrangig an ihrer Quelle zu bekämpfen; individuelle Schutzmaßnahmen für die einzelnen Beschäftigten sind nachrangig zu anderen Maßnahmen. Maßnahmen, die sich auf die Verhältnisse wie Organisation, Struktur, Prozesse und Tätigkeiten beziehen, sind den Maßnahmen vorzuziehen, die auf das Verhalten der Beschäftigten abzielen
Keine Maßnahme ohne Wirksamkeits-Prüfung
Zu den Grundpflichten des Arbeitgebers gehört es auch, getroffene Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen (§ 3 Abs. 1 ArbSchG). Dazu gehört die Beurteilung, ob sich die psychische Belastungssituation nach Umsetzung derMaßnahmen in der gewünschten Weise verändert hat.
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist keine Einmal-Aktion!
Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu überprüfen. Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung unverzüglich zu aktualisieren, wenn sicherheitsrelevante Veränderungen der Arbeitsbedingungen, neue Informationen, zum Beispiel Erkenntnisse aus dem Unfallgeschehen, vorliegen. Eine Aktualisierung ist auch erforderlich, wenn die festgelegten Maßnahmen nicht wirksam oder ausreichend sind (§ 3 Abs. 7 BetrSichV). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen (§ 3 Abs. 1 ArbSchG).
Dokumentation
Alle Betriebe sind gesetzlich zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung verpflichtet (§ 6 ArbSchG). Aus der Dokumentation muss erkennbar sein, dass die Gefährdungsbeurteilung angemessen durchgeführt wurde. Die Unterlagen müssen daher Angaben zu dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, zu den festgelegten Arbeitsschutzmaßnahmen sowie zu dem Ergebnis der Überprüfung der durchgeführten Maßnahmen enthalten. Die Dokumentation nach § 6 ArbSchG erfordert keine bestimmte Form – Unterlagen in Papierform sind ebenso zulässig wie elektronisch gespeicherte Dateien.
Folgen für den Arbeitgeber bei unterlassener Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung
Nimmt der Arbeitgeber die notwendigen Schritte nicht vor, kann der Betriebsrat über sein Initiativrecht aktiv werden (gemäß §§ 87 I Nr. 7, 89 I 1 BetrVG). Auch einzelne Arbeitnehmer (gemäß § 5 I ArbSchG i.V.m. § 618 BGB) können den Arbeitgeber zum Ergreifen von Maßnahmen veranlassen. Bei Verletzung der Arbeits-schutzpflicht haftet der Arbeitgeber bei einem Schaden gegenüber dem Arbeitnehmer (§ 618 Abs. 3 BGB), soweit nicht die zuständige Berufsgenossenschaft (was regelmäßig der Fall sein dürfte) für den Schaden einsteht, vgl. § 104 SGB VII. Weiter stellt die Nichteinhaltung der Arbeitsschutzvorgaben eine Ordnungswidrigkeit dar, § 25 Abs. 1 Nr. 1 ArbSchG.