FÜR SIE GELESEN

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Mentale Gesundheit muss im BGM ganzheitlich betrachtet werden

Psychische Erkrankungen erhalten verstärkt Aufmerksamkeit. Eine Studie verrät, wie Arbeitgeber einer mentalen Belastung der Mitarbeitenden durch ein Gesundheitsmanagement vorbeugen können. 


Immer mehr Menschen schreiben sich aufgrund von mentalen Problemen krank. Eines der bedeutendsten Themen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement ist derzeit die mentale Gesundheit. Das geht aus der aktuellen „#Whatsnext-Studie“ der Techniker Krankenkasse, des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung und des Personalmagazins hervor. 


Demnach sind 39 Prozent der gut 1.000 befragten Geschäftsführer, Personalerinnen und Personaler sowie Gesundheitsverantwortlichen davon überzeugt, dass psychische Erkrankungen aktuell eher oder sehr von Bedeutung sind. In Zukunft werde ihre Wichtigkeit zunehmen: 70 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass mentale Gesundheit in drei Jahren bedeutsam sein wird.


Gesamtgesellschaftliche Konflikte wie Krisen und Krieg setzen den Menschen derzeit mental zu. In der Arbeitswelt kommen dazu noch die Digitalisierung, ständige Veränderungen und eine erhöhte Flexibilisierung sowie Komplexität. 


Als die größten Herausforderungen der Arbeitswelt bezeichnen die Befragten der #Whatsnext-Studie die Menge und Komplexität an Aufgaben sowie die Quantität der zu verarbeitenden Informationen. „Beschäftigte haben in der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit immer mehr, was sie leisten müssen“, fasst Studienleiter Mark Hübers vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFGB) zusammen.


Mentale Erkrankungen nehmen zu

Der erhöhte Mental Load hat Folgen für die mentale Gesundheit vieler Mitarbeitenden. Im vergangenen Jahr machten psychische Probleme knapp 18 Prozent des Gesamtkrankenstandes aus, mehr als Muskel-Skelett-Erkrankungen (rund 14 Prozent) und etwas weniger als Erkrankungen des Atemsystems (etwa 25 Prozent). 


Allerdings war die Anzahl der Atemwegserkrankungen 2022 auch auffällig hoch, nachdem Corona-Pandemie langsam abgeklungen war. Zurück zu den psychischen, gesundheitlichen Problemen: Innerhalb der vergangenen zehn Jahre haben sich Menschen immer häufiger aufgrund von psychischer Beschwerden krankgemeldet. Von 2021 bis 2022 ist der Anteil an psychischen Erkrankungen am Gesamtkrankenstand um ganze 35 Prozent gestiegen.


Trotz des Anstiegs der psychischen Probleme haben viele Unternehmen noch keine Projekte durchgeführt, die gezielt zur Förderung der mentalen Gesundheit beitragen. Stressbewältigungs- und Ressourcentrainings gibt es nur bei 39 Prozent der befragten Unternehmen. Stattdessen fokussieren sich die meisten Arbeitgeber beim BGM auf die Themen Arbeitssicherheit (78 Prozent) und betriebliches Eingliederungsmanagement (76 Prozent). Wichtiger scheinen ihnen auch die Themen Sport und Bewegung (57 Prozent) und Führung sowie Ernährung (jeweils 40 Prozent) zu sein, zumindest fokussieren sie ihre BGM-Projekte auf diese Bereiche.


BGM ganzheitlich angehen

All diese Dinge würden an sich auch indirekt oder direkt auf die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden einzahlen, sagt Karen Walkenhorst, Personalvorständin der TK. Dafür müssen Unternehmen das Gesundheitsmanagement allerdings ganzheitlich denken und aufsetzen. Das tun derzeit laut der Studie nur 27 Prozent der Arbeitgeber. „Eine gute Unternehmenskultur stärkt das Gemeinschaftsgefühl und die Zugehörigkeit zum Team“, sagt Walkenhorst. „Eine klare Kommunikation schafft Sicherheit und all das wiederum wirkt sich positiv auf die mentale Gesundheit aus.“


Es gehe bei BGM und beim Thema mentale Gesundheit folglich nicht darum, einzelne Aktionen durchzuführen – beispielsweise Yoga-Kurse anzubieten –, sondern sie in ihrer Gesamt- und Wechselwirkung zu sehen. „Die Lösungen fördern sich gegenseitig“, sagt Walkenhorst. Wer als Arbeitgeber beispielsweise die Balance zwischen Entgrenzung durch die Verschmelzung von Privat- und Arbeitsleben im Homeoffice und Entfremdung durch die physische Distanz zwischen Teams durch Remote Work fördert, Führungskräfte so schult, dass sie achtsam sind und den Teamspirit aufrechterhalten, und für die digitale Kommunikation Regelungen einführt sowie die Digitalkompetenz der Mitarbeitenden fördert, tut indirekt etwas für die mentale Gesundheit seiner Belegschaft.

Psychische Gefährdungsbeurteilung wird zu selten durchgeführt.


Welche Aktionen zusammengenommen als ein Auffang- oder Präventionsnetz für Mitarbeitende dienen können, lässt sich laut Studienleiter Mark Hübers gut durch eine psychische Gefährdungsbeurteilung herausfinden. Bei der Analyse wird untersucht, inwiefern Mitarbeitende in welchen Bereichen ihres Arbeitslebens belastet sind – meist in Form von Mitarbeiterbefragungen. Basierend auf den Ergebnissen werden Maßnahmen entwickelt, wie man diese Belastungen vermindern kann.


Von deren Wirksamkeit ist auch der Gesetzgeber überzeugt, beschloss er doch 2013, dass eine solche Analyse fortan in jedem Betrieb verpflichtend ist. Doch die Vorgabe hat nur teilweise die Realität geformt: Lediglich 51 Prozent der Befragten sagen, dass in ihrem Unternehmen eine psychische Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wird. Hübers erklärt sich das folgendermaßen: „Den meisten Arbeitgebern fehlen Informationen zu der Gefährdungsbeurteilung“, sagt er. Es gelte folglich für alle, die dieses Wissen besitzen, Aufklärungsarbeit zu leisten. Diejenigen, die nicht wissen, wie sie sich dem Thema mentale Gesundheit nähern sollen, sollten auf externe Hilfe zurückgreifen.


Quelle: Lena Onderka; 23. März 2023


Innere Kündigung: Anzeichen, Folgen und Gegenmaßnahmen

Immer mehr Menschen in Deutschland möchten aktuell den Job wechseln. Bevor sie das Kündigungsschreiben tatsächlich einreichen, kündigen einige Arbeitnehmer:innen aber schon vorher – innerlich. Und das hat Folgen für die betroffene Person, ihr Team und das Unternehmen. Wie Sie erkennen, ob Mitarbeitende innerlich gekündigt haben und woran das liegen kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

Das Wichtigste zusammengefasst:


  • Die innere Kündigung ist ein Zustand starker langfristiger Unzufriedenheit, bei dem die Motivation und Leistung der betroffenen Arbeitnehmer:innen stark zurückgeht. Bei einer inneren Kündigung haben sie ihre Kündigung sozusagen mental schon eingereicht, auch wenn sie den tatsächlichen Schritt noch nicht getan haben. 
  • Die Ursachen für eine innere Kündigung sind vielfältig. Beispielsweise können Führungsfehler, fehlende Wertschätzung, Perspektivlosigkeit oder Konflikte am Arbeitsplatz dazu führen.
  • Es ist von außen nicht leicht zu erkennen, ob eine Person mental das Handtuch geworfen hat. Mögliche Anzeichen sind zunehmende Krankheitstage, Lustlosigkeit, nachlassende Eigeninitiative und sinkende Arbeitsleistung.


Definition: Was ist eine innere Kündigung?


Als eine innere Kündigung beschreibt man einen Zustand, bei dem Arbeitnehmende so unzufrieden in ihrem Job sind, dass ihre Motivation gegen null geht, sie keine Eigeninitiative zeigen und nur noch „Dienst nach Vorschrift“ machen. Leistungsbereitschaft war dann einmal – sie sind so resigniert, dass ihnen die Arbeit mehr oder weniger egal ist. An diesem Punkt haben sie ihre Kündigung sozusagen mental schon eingereicht, auch wenn der tatsächliche Schritt noch auf sich warten lässt.

Eine innere Kündigung passiert nicht von heute auf morgen, sondern schleichend. Viele Enttäuschungen, Konflikte oder negative Erfahrungen am Arbeitsplatz führen irgendwann dazu, dass Mitarbeiter:innen innerlich das Handtuch werfen. 

Innere Kündigung und stille Kündigung: Wo liegt der Unterschied?

In der medialen Berichterstattung liest man seit der Corona-Pandemie oft auch vom „Quiet Quitting“, also dem stillen Kündigen. Das klingt erst einmal ähnlich wie eine innere Kündigung, beschreibt aber ein anderes Phänomen. Die Mitarbeiter:innen zeigen nicht etwa gar keine Leistungsbereitschaft mehr wie bei der inneren Kündigung. Sie möchten einfach nicht mehr die berühmte Extrameile gehen, die in vielen Unternehmen erwartet wird. Statt viele Überstunden zu machen, möchten sie pünktlich Feierabend machen, um auch noch etwas von ihrem Privat- und Familienleben zu haben. 

Die Bereitschaft zum Jobwechsel steigt

Immer mehr deutsche Arbeitnehmer:innen möchten ihren Job wechseln. 2018 beabsichtigten noch 78 Prozent, in einem Jahr weiterhin bei ihrem Arbeitgeber zu sein. 2021 sah das schon anders aus: Da waren es nur noch 60 Prozent. Im War for Talents sind das beunruhigende Zahlen, denn für Unternehmen wird es immer erfolgskritischer, Mitarbeiter:innen zu halten. (Quelle: Gallup Engagement Index 2021)


Warum kündigen Team-Mitglieder innerlich?


Eine innere Kündigung kann verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel:

  • Führungsfehler: Talente verlassen häufig nicht das Unternehmen, sondern die Führungskraft. Vorgesetzte, die inkompetent sind, viel Druck auf ihr Team ausüben, Bedürfnisse der Mitarbeitenden ignorieren oder Mikromanagement betreiben, können für die Teammitglieder sehr frustrierend sein.
  • Mangelnde Wertschätzung: Kaum etwas ist demotivierender als keine Wertschätzung für die eigene Arbeit zu erfahren. Fehlendes positives Feedback, Dank oder auch finanzielle Wertschätzung in Form von Gehaltserhöhungen oder Boni können zur inneren Kündigung führen.
  • Unterforderung: Langeweile im Job zählt auch zu den Gründen, warum Personen demotiviert sind und sich nicht mehr „reinhängen“.
  • Fehlende Entwicklungsmöglichkeiten: Einige Angestellte kennen das nur zu gut: Egal wie gut die Arbeitsergebnisse sind, die Beförderung bleibt aus. Viele resignieren, wenn sie das Gefühl haben, dass sie im Job auf der Stelle stehen und ihre Leistungen nicht anerkannt werden.
  • Konflikte: Gibt es im Team oder zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter:innen regelmäßig Unstimmigkeiten oder sogar Mobbing, ist das Resultat häufig die innere Kündigung.
  • Ungerechtigkeit: Wenn man sich ungerecht behandelt fühlt, kommt schnell der Gedanke auf, wozu man sich überhaupt noch bei der Arbeit anstrengt oder sich über etwas aufregt. Ungerechte Bewertungen oder Kritik führen daher oft zur inneren Kündigung.
  • Fehlender Sinn: Arbeitnehmer:innen möchten heutzutage einen Sinn hinter ihrer Arbeit sehen. Wenn sie keinen Zusammenhang zwischen den eigenen Aufgaben und dem „großen Ganzen“ sehen oder keine langfristigen Ziele haben, kann das demotivierend sein.


Anzeichen für eine innere Kündigung


Die innere Kündigung ist ein langsamer Prozess – und er ist von außen oft schwierig oder nicht sofort zu erkennen. Bei diesen Anzeichen sollten Führungskräfte und HR Manager:innen genauer hinschauen:

  • Bei einer Person im Team häufen sich die Fehlzeiten oder Krankheitstage.
  • Das Teammitglied entwickelt eine negative Haltung oder Gleichgültigkeit gegenüber den eigenen Aufgaben. Es kann auch passiv-aggressives Verhalten an den Tag legen.
  • Das Engagement und die Eigeninitiative lassen nach.
  • Der oder die Kolleg:in wirkt gelangweilt, lustlos oder genervt.
  • Die Leistung nimmt ab und die Person wird unproduktiver.
  • Greift jemand in ihr Aufgabenfeld ein, nimmt sie das ohne Widerspruch hin.
  • Das Teammitglied bringt keine Ideen mehr ein und hält sich bei Diskussionen zurück, obwohl es früher aktiv dabei war.


4 Phasen einer inneren Kündigung


Wie schon erwähnt, rutschen Mitarbeiter:innen nicht von heute auf morgen in den Zustand einer inneren Kündigung. Bis sie an diesem Punkt sind, haben sie einige negative Erfahrungen gemacht und verschiedene Phasen durchlaufen:


1. Frustration:Die betroffenen Angestellten sind mit ihrer Jobsituation immer unzufriedener.

2. Nachlassende Leistung: Aufgrund ihrer Frustration fangen die Mitarbeiter:innen an, nur noch das Mindeste zu machen, wozu sie arbeitsvertraglich verpflichtet sind. 

3. Resignation: Die Mitarbeiter:innen haben das Gefühl, nichts an ihrer Situation ändern zu können und resignieren zunehmend.

4. Passiv-aggressives Verhalten: Die Betroffenen werden zynisch und sind öfter krank, fehlen oder kommen zu spät.

In vielen Fällen folgt auf die innere Kündigung auch der tatsächliche Schritt zum Jobwechsel. Ggf. kann das Verhalten der betroffenen Mitarbeiter:innen aber auch dazu führen, dass für den Arbeitgeber triftige Gründe für eine Kündigung dieser Person vorliegen.


Welche Folgen hat eine innere Kündigung?


Innere Kündigungen können negative Auswirkungen für die Mitarbeitenden selbst, das Team und das gesamte Unternehmen haben.

Für Arbeitnehmer:innen kann es sogar gesundheitliche Folgen haben, wenn sie innerlich kündigen. Wer über längere Zeit resigniert und frustriert ist, kann ein sog. Boreout, Burnout oder eine Depression entwickeln. Auch die Wahrscheinlichkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt. Die Unzufriedenheit im Job kann außerdem auch andere Bereiche im Leben belasten wie das Verhältnis zur Familie oder Freunden.

Auch für Kolleg:innen kann es belastend sein, wenn ein Teammitglied innerlich gekündigt hat. Denn ggf. müssen sie dessen fehlende Leistung auffangen oder sie werden von dessen negativer Stimmung heruntergezogen. So kann die Produktivität des gesamten Teams leiden.

Für das Unternehmen kann ein schlechtes Betriebsklima und die erhöhten Krankheitstage durch innere Kündigungen negative Folgen hinsichtlich des Umsatzes haben. Laut Gallup Engagement Index 2021 kosteten innerliche Kündigungen der deutschen Volkswirtschaft im Jahr 2021 zwischen 92 und 115 Milliarden Euro.


Es ist schwierig zu erkennen, ob ein Teammitglied auf dem Weg zur inneren Kündigung ist. Die folgenden Fragen können Führungskräften und HR Manager:innen dabei helfen, das einzuschätzen. Je mehr Fragen in Bezug auf die betreffende Person mit Ja beantwortet werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie dabei ist, innerlich zu kündigen.

Der oder die Mitarbeiter:in …

… ist permanent unmotiviert und unzufrieden.

… nimmt die eigene Arbeit als sinnlos wahr.

… wirkt häufig gelangweilt.

… zieht sich aus dem sozialen Arbeitsumfeld zurück.

… bringt keine eigenen Ideen bzgl. der eigenen Aufgaben ein.

… identifiziert sich nicht mehr mit dem Unternehmen.

… zeigt wenig Ehrgeiz und Interesse am Erfolg des Teams oder des Unternehmens.

… fühlt sich oft ungerecht behandelt, auch in Bezug auf das Gehalt.

… geht bei der Erfüllung der eigenen Aufgaben nicht über das Minimum hinaus.

… ist häufiger als früher krank.

… meldet sich nie freiwillig für Zusatzaufgaben.

… macht in Einzel- oder Teammeetings zynische Bemerkungen.


Gegenmaßnahmen bei einer inneren Kündigung

Wie reagieren Führungskräfte am besten, wenn sie merken, dass ein Teammitglied innerlich gekündigt hat? Und wie kann HR in diesem Fall gegensteuern? Idealerweise finden die Verantwortlichen schon Gegenmaßnahmen, bevor eine anfängliche Frustration überhaupt zur inneren Kündigung führt. 

  • A und O für Unternehmen ist es, kontinuierlich an der Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu arbeiten. Über regelmäßige Umfragen in der Belegschaft sollten sie im Blick haben, womit die Angestellten zufrieden sind und was für Frustration sorgt. 
  • Da schlechtes Führungsverhalten eine der Ursachen für eine innere Kündigung sein kann, sollte HR den Führungskräften in Trainings wichtige Leadership Skills vermitteln. Das Thema Wertschätzung sollte dabei eine zentrale Rolle spielen. 
  • Inwieweit Teammitglieder mit dem Führungsverhalten des oder der Vorgesetzten zufrieden sind, kann über Upward Feedback ermittelt werden. Fällt das Feedback für bestimmte Führungskräfte schlechter aus, sollte HR mit der jeweiligen Führungskraft und dem Team ins Gespräch gehen. 
  • Vorgesetzte sollten in Mitarbeitergesprächen und auch darüber hinaus regelmäßig im Austausch mit ihren Teammitgliedern bleiben und ihnen dort Raum geben, um Themen anzusprechen, mit denen sie unzufrieden sind.


Quelle: Personio SE & Co. KG,


Coaching-Haltung in der Führung. Wie Coaching-Methoden die Motivation im Team fördern.

In der heutigen Welt, die geprägt ist von Komplexität und Veränderung, ist es einer Führungskraft nicht mehr möglich, nur „klassisch“ zu führen. Da die Führungskraft oft inhaltlich nicht den gleichen Wissensstand haben kann wie ihre Mitarbeiter, muss sie diese mittels eines coachenden Stils führen, um die Eigenverantwortung und die Selbstständigkeit der Mitarbeiter zu fördern. Mit der eigenen Expertise Probleme zu lösen, ist motivierender, als gesagt zu bekommen, was zu tun ist.


Die Anwendung von Coaching-Methoden in der Führung kann das Lernen ankurbeln und zu einer erhöhten Motivation der Mitarbeiter führen. Dabei liegt der Schlüssel in der richtigen Haltung der Führungskraft und den richtigen Fragen.


Aber was ist, wenn Führungskräfte denken, dass sie coachen und es in Wirklichkeit gar nicht tun? In Führungskräfte-Workshops wird immer wieder deutlich, wie schwierig es vielen Führungskräften – erfahrungsgemäß besonders im Ingenieurbereich – fällt, nicht direkt die eigenen Lösungsansätze zu präsentieren, sondern abzuwarten und den Mitarbeiter dabei zu unterstützen, individuelle Lösungsmöglichkeiten zu finden.


Um die richtigen Erwartungen bei Führungskräften hervorzurufen, ist es zunächst wichtig darzulegen, was unter der Anwendung von Coaching als Führungskraft zu verstehen ist. Die hier beschriebene Anwendung von Coaching-Methoden kann in sowohl kurzen als auch langen Konversationen angewendet werden und unterscheidet sich von einer „normalen“ Coaching-Session dadurch, dass die Führungskraft nicht den Anspruch haben kann, als Coach ihrer Mitarbeiter zu fungieren. Dies könnte einen Rollenkonflikt heraufbeschwören. Stattdessen bringt sie Elemente des Coachings in die Kommunikation mit Mitarbeitern ein. Es geht in diesem Artikel um die Coaching-Haltung und das Nutzen einzelner Methoden des Coachings, um das Potenzial der Mitarbeiter abzurufen und die Leistungsfähigkeit zu steigern.


Coaching-Haltung als Fundament

Die Coaching-Haltung bildet das Fundament des Einsatzes von Coaching-Methoden und ist sicherlich auch die größte Herausforderung für Führungskräfte, weil entgegen einer weitverbreiteten, eher direktiv-kontrollierenden Führungskräfte-Haltung gehandelt wird. Führung ist zielgerichtet und das Erreichen der Unternehmensziele steht im Vordergrund. Dagegen ist Coaching neutral und hat die Selbstverantwortung als Grundpfeiler, um die Mitarbeiter zu befähigen, mit beruflichen Herausforderungen eigenständig umzugehen. Um das als Führungskraft den eigenen Mitarbeitern bieten zu können, steht das echte Interesse an deren Gedanken und Sichtweisen im Vordergrund. Dabei ist elementar, dass die Führungskraft in Unterhaltungen mit Mitarbeitern bereits mit der Intention geht, diese dabei zu unterstützen, individuelle Lösungsansätze für das bestehende Problem oder die Herausforderung finden zu lassen. In der Praxis hat sich für die Führungskraft das Abwarten als fundamental erwiesen. Im Detail bedeutet dies, dass die Führungskraft auf eine Antwort des Mitarbeiters wartet, ohne direkt und sofort die Stille des Nachdenkens zu unterbrechen.


Psychologische Sicherheit und Vertrauen

Das Bewusstsein für die Situation und für den Mitarbeiter trägt zu der Entscheidung bei, ob die Anwendung von Coaching-Methoden in der jeweiligen Situation sinnvoll ist. Wenn sich eine Führungskraft für den Einsatz von Coaching-Methoden entscheidet, muss sie sicherstellen, dass sich der Mitarbeiter dabei nicht gestresst oder unter Druck gesetzt fühlt. Denn eine Situation, in der sich der Mitarbeiter nicht wohl fühlt, verhindert den Erfolg von Coaching-Methoden. Druck und Stress führen dazu, dass sich der Mitarbeiter verschließt und die notwendige Offenheit für das Gespräch fehlt. Um solche Situationen zu vermeiden, ist eine Voraussetzung der Anwendung von Coaching-Methoden in der Führung die psychische Sicherheit in Teams. Psychologische Sicherheit ist laut Edmondson (2018) der Schlüsselfaktor für gesunde Teams und beschreibt einen psychologisch sicheren Arbeitsplatz, in dem Mitarbeiter sich wohl fühlen, ihre Meinung angstfrei äußern oder Fehler machen dürfen, ohne sich dafür zu schämen. Genau dies ist wichtig, damit sich Mitarbeiter in Gesprächen mit ihren Führungskräften öffnen und über Zweifel sprechen und neue Ideen entwickeln können.

Damit die psychologische Sicherheit aufrechterhalten werden kann, ist Vertrauen zwischen Mitarbeiter und Führungskraft essentiell. Dieses Vertrauen kann nur erhalten bleiben, wenn es bei der Anwendung von Coaching-Methoden ein Einverständnis gibt. Dafür muss kein Coaching-Vertrag aufgesetzt werden, wie bei einer offiziellen Coaching-Sitzung. Es gibt allerdings Techniken, um zu erkennen, ob der Mitarbeiter dem Einsatz von Coaching-Methoden zustimmt. Dafür betrachtet die Führungskraft die Grundhaltung des Mitarbeiters. Die Körperhaltung verrät viel über die eigenen Emotionen und was das Gegenüber ohne Worte mitteilen möchte. Es kann sich dabei um minimale Veränderungen der Mimik oder Gestiken handeln, die wahre Gefühle zeigen. Das Kopfnicken oder eine aufrechte und offene Körperhaltung signalisieren oftmals (aber nicht grundsätzlich) Freundlichkeit und Offenheit, sodass anzunehmen ist, dass das Gegenüber mit der Art des Gesprächs einverstanden ist. Eine verschlossene Körperhaltung, verschränkte Arme sowie Stirnrunzeln können Anzeichen von Desinteresse oder Skepsis sein und weisen eher auf eine Ablehnung als auf ein Einverständnis hin. Dementsprechend können Mimik und Gestik hilfreiche Informationen darüber geben, ob die Anwendung von Coaching-Methoden im Gespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter sinnvoll ist.


Störfaktoren im Gespräch minimieren

Den Mitarbeitern zuzuhören, ohne eine eigene Agenda dabei zu verfolgen, schon den nächsten Termin im Kopf durchzugehen oder sich dabei nicht vom Telefon ablenken zu lassen, welches schon die nächsten Nachrichten mit Aufgaben ankündigt, sollte eigentlich als selbstverständlich gelten. Doch aufgrund der vielen potenziellen Störfaktoren am Arbeitsplatz kann es zu einer Herausforderung im Arbeitsalltag werden. Daher sollte für Coaching-Gespräche ein Ort gewählt werden, an dem es möglich ist, ein vertrauensvolles Gespräch auf Augenhöhe zu führen. Das kann an der Kaffeemaschine in der Teeküche, in einem (getrennten) Büro oder sogar auf einem Spaziergang um das Bürogebäude sein. Wichtig hierbei ist lediglich, dass eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen wird und Störfaktoren minimiert werden können.

Neben dem richtigen Ort ist der Erfolg des Gespräches von der Art des Zuhörens abhängig, denn wie Covey (1989, S. 239) schon sagte: „Die meisten Menschen hören nicht zu, um zu verstehen; sie hören zu, um zu antworten.“


Aktives Zuhören

Es gibt vier Arten des Zuhörens (Haberleitner et al., 2018): Das Pseudo-Zuhören, aufnehmendes Zuhören, umschreibendes Zuhören sowie das aktive Zuhören. Während der Zuhörer beim Pseudo-Zuhören seiner eigenen Agenda folgt und lediglich seine Aufmerksamkeit vortäuscht, um sich anschließend selbst äußern zu können, zeigt der Zuhörer beim aufnehmenden Zuhören z.B. durch Kopfnicken und einer leicht vorgebeugten Haltung seinem Gegenüber eine höhere Zuhör-Qualität. Die dritte Stufe des Zuhörens ist das umschreibende Zuhören, bei dem der Zuhörer das Gesagte mit eigenen Worten wiedergibt, um das Gespräch aktiv zu fördern. Beim inhaltlichen Paraphrasieren des Gesagten werden die eigene Meinung, eine Bewertung sowie Ratschläge außen vor gelassen.

Das aktive Zuhören, welches im Rahmen von Coaching-Gesprächen überwiegend Anwendung finden sollte, ist eine Erweiterung des umschreibenden Zuhörens. Dieser Schritt wird um die Dimension der Selbstoffenbarung erweitert. Das bedeutet nichts weiter, als dass der Zuhörer auch die Gefühlsebene des Gesprächspartners erfasst. Es gilt daher, sich als Führungskraft den Empfindungen und dem Gemeinten zu widmen und zwischen den Zeilen zu lesen. Um aktiv zuzuhören sollten folgende drei Punkte beachtet werden:


  1. Beobachten
    In der Phase des Beobachtens sollte die Führungskraft den Blickkontakt aufrechterhalten und die Gesprächspausen zulassen.
  2. Verstehen
    Um aktiv zuzuhören, ist es von großer Bedeutung, das Gesagte zu verstehen. Um sicherzugehen, dass das richtige Verständnis vorherrscht, sind Rückfragen unerlässlich. Hier sind besonders Verständnisfragen („Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe …“) oder auch Zusammenfassungen („Ich fasse kurz zusammen: …“) hilfreich.
  3. Antworten
    Beim aktiven Zuhören geht es also nicht nur um das Zuhören, sondern auch um das Antworten. Dabei gilt es zu beachten, dass die Antworten keinesfalls belehrend sind. Es wird geantwortet, um das Verständnis zu prüfen oder Gefühle zu spiegeln („Ich habe das Gefühl, dass Sie die Situation wütend macht …“)


GROW-Modell als strukturgebendes Element

Um der Coaching-Haltung nun eine Anwendungsstruktur hinzuzufügen, kann auf das GROW-Modell von Whitmore (2011) zurückgegriffen werden. Dieses Modell ist praxisbewährt und unterstützt die Führungskraft, eine Struktur in das Mitarbeitergespräch zu bringen und Effektivität und Effizienz im Zielsetzungsprozess zu erzielen.


Dabei ist GROW ein Akronym, bei dem die Buchstaben für einen bestimmten Schritt im Prozess stehen.


  • G – Goal Setting, Definition der kurz- und langfristigen Ziele
  • R – Reality: Erfassung der Situation
  • O – Options: Festhalten der möglichen Lösungsmöglichkeiten
  • W – What, When, Will: Festlegung der nächsten Schritte


Es ist nicht selten, dass der Mitarbeiter das Gespräch nicht mit dem Ziel, sondern mit einem anderen Schritt im Prozess beginnt. So kann es sein, dass der Mitarbeiter mit der Wiedergabe der momentanen Situation beginnt und noch nicht genau weiß, wie das Ziel genau aussieht. Hier ist es Aufgabe der Führungskraft, von der Erfassung der Realität mithilfe von Fragen zur Zieldefinition zu gelangen.


Goal Setting

Die Zieldefinition ist der erste Schritt des Prozesses und beinhaltet das Definieren eines klaren kurzfristigen Ziels für die jeweilige Session, sowie des langfristigen Ziels, welches zur Erreichung der Strategie beiträgt. Es ist möglich, mehrere Ziele in der Session zu definieren. Es sollte jedoch sowohl der Führungskraft als auch dem Mitarbeiter klar sein, was genau das Ziel der Session ist. Die Führungskraft muss darauf achten, dass der Mitarbeiter bei der Zieldefinition berücksichtigt, dass das Ziel spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert ist (im Sinne SMARTEr Ziele). Wie auch in anderen strategischen Prozessen gilt das Definieren eines Ziels als grundlegend für den Erfolg der Strategieumsetzung. Mögliche Fragen für die Zielsetzung:


  • Was möchten Sie erreichen?
  • Wie sieht Ihr optimaler Tag aus?
  • Woran können Sie erkennen, dass Sie Ihr Ziel erreicht haben?
  • Stellen Sie sich vor, Ihr Problem ist heute Nacht wie durch Zauberhand verschwunden, wie wachen Sie morgen früh auf?


Reality

Nach der Definition der Ziele wird eine Bestandsaufnahme gemacht: Wie sieht die momentane Situation aus und was wurde bereits unternommen, um das Ziel zu erreichen? Es gilt herauszuarbeiten, welche Personen in die Herausforderung, das Problem oder die Idee des Mitarbeiters involviert sind. In diesem Schritt sollte die Führungskraft versuchen, den Fokus auf die Gesamtsituation zu legen, um den Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, möglichst unvoreingenommen von der Situation erzählen zu können. Liegt der Fokus direkt auf dem Problem, wird es für den Mitarbeiter schwierig, nicht defizitorientiert an die Lösungsfindung heranzugehen. Mögliche Fragen für die Bestandsaufnahme:


  • Wo stehen Sie momentan?
  • Was hält Sie zurück, Ihr Ziel zu erreichen?
  • Welche Fähigkeiten brauchen Sie, um weiterzukommen?
  • Welche hilfreichen Ressourcen und Fähigkeiten stehen Ihnen bereits zur Verfügung?
  • Was haben Sie bereits unternommen, um Ihre Herausforderung zu überwinden?


Optionen

Ist klar geworden, in welcher Situation sich der Mitarbeiter befindet, kann jetzt die Lösungsfindung starten. Hier ist es elementar, dass die Intention der Führungskraft darin besteht, den Mitarbeiter bei der eigenen Lösungsfindung zu unterstützen. Die Aufmerksamkeit der Führungskraft liegt also nicht auf dem Vorschlagen von Lösungen, sondern auf dem aktiven Zuhören und dem Schaffen einer Atmosphäre, die es dem Mitarbeiter erlaubt, kreative Ansätze zu entwickeln. Hierbei kann das Erstellen einer Liste mit allen Ideen, Optionen und Lösungsmöglichkeiten hilfreich sein. Es geht zuerst nicht um das Finden der „richtigen“ Lösung, sondern um die Kreativität des Mitarbeiters, sich neuen Möglichkeiten zu öffnen.

Um diese Prozessphase abzuschließen, ist es anschließend wichtig, die Liste aller Ideen durchzugehen und diese auf Machbarkeit und Attraktivität zu prüfen. Mögliche Fragen zum Finden von Optionen:


  • Was könnte Ihnen helfen, Ihr Ziel zu erreichen?
  • Was sind die Vor- und Nachteile der jeweiligen Optionen?
  • Wer kann Sie bei der Zielerreichung unterstützen?
  • Wer könnte das Ziel schnell erreichen und was würde diese Person anders machen?

What & Will

In dieser Phase gilt es, die Umsetzung der Lösungsmöglichkeiten zu besprechen. Wie stellt der Mitarbeiter sich die nächsten Schritte vor und fühlt er sich in der Lage, diese auch in die Tat umzusetzen, oder gibt es Hindernisse, die auftauchen könnten? Mögliche Fragen zu Umsetzungsideen:


  • Wie sehen Ihre ersten Schritte aus?
  • Zu wann möchten Sie Ihr(e) Ziel(e) erreichen?
  • Gibt es noch etwas, das Sie an der Umsetzung der Lösungen hindert?
  • Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie sicher sind Sie, dass Sie die Lösung umsetzen?


Die Anwendung der Skalenfrage kann die Führungskraft dabei unterstützen, herauszufinden, wie wahrscheinlich es ist, dass der Mitarbeiter in die Umsetzung kommt. Dafür wird eine Skala von 1 bis 10 genutzt, auf der der Mitarbeiter die Wahrscheinlichkeit angeben kann. Liegt der Wert unter 8, kann die Führungskraft nachhaken, was passieren muss, damit eine neun oder zehn erreicht werden kann.


Coaching-Befähigung der Führungskräfte

Damit die Anwendung von Coaching-Methoden in der Führung funktionieren kann, müssen die sowohl charakterliche Eignung der Führungskraft als auch die Fähigkeit, Coaching-Methoden anzuwenden, vorhanden sein. Die Führungskraft muss in der Lage sein, situativ entscheiden zu können, ob ein Coaching-Gespräch einen Interessenkonflikt darstellt oder dies gewinnbringend für Führungskraft und Mitarbeiter ist.

Um sich als Manager sicher an Coaching-Methoden heranwagen zu können, ist es notwendig, sich intensiv mit dem Thema Coaching und den ausgewählten Coaching-Methoden auseinanderzusetzen und Zeit zu investieren. Diese Qualifizierung kann durch externe Institute oder durch interne oder externe Coaches geschehen. Wichtig hierbei ist die intensive Übung des Gelernten. Es bietet sich daher an, den Führungskräften einen geschützten Raum zu bieten, in dem Wissen vertieft und angewendet werden kann. Ein sicherer Rahmen können regelmäßige Übungsstunden mit Kollegen sein, in denen die Anwendung von Coaching-Methoden geübt wird oder Probleme und Lösungsansätze aus der Praxis diskutiert werden. Im Optimalfall werden Führungskräfte in den Übungssessions von zertifizierten Coaches unterstützt, die für Fragen und Ratschläge zur Seite stehen. Das Risiko, keine zertifizierten Coaches zur Unterstützung zu haben, ist das Normalisieren von wenig wirksamem Verhalten.


Effekte der Anwendung von Coaching-Methoden in der Führung

Empathie, Reflexionsvermögen und die Fähigkeit, eine neutrale Beobachterposition einzunehmen, sind die Grundvoraussetzungen für Führungskräfte, um Coaching-Gespräche zu führen. Haben Führungskräfte darüber hinaus das Coaching-Wissen und einen kleinen Werkzeugkoffer mit Coaching-Methoden und Coaching-Fragen, sind sie bestens vorbereitet, um das Coaching zunächst in Übungssessions zu trainieren und anschließend situativ für die bestmögliche Entwicklung der Mitarbeiter und Teams anzuwenden.

Der am einfachsten und schnellsten zu erkennende positive Effekt des Einsatzes von Coaching in der Führung ist die erhöhte Selbstständigkeit der Mitarbeiter. Kurzfristig sorgt das Coachen von Mitarbeitern für einen erhöhten Aufwand für die Führungskraft, wirkt sich langfristig jedoch durch die erhöhte Selbstständigkeit der Mitarbeiter zeitlich positiv aus. Die Mitarbeiter werden individuell gefördert und sind motivierter, ihre eigene Expertise in den Arbeitsalltag einzubringen. Die Anwendung von Coaching in der Führung unterstützt die psychologische Sicherheit und das Vertrauen in Teams, was wiederum zu einem Arbeitsklima führt, welches das Lernen ermöglicht und fördert. Die Mitarbeiter fühlen sich gehört und mit dem Unternehmen verbunden, sodass sie motiviert sind, die Zukunft des Unternehmens aktiv mitzugestalten.


Quelle: Erschienen im Coaching-Newsletter in Ausgabe 01 | 2023 von Hannah MahnkeI




Massive Zunahme von Arbeitsausfällen wegen Depressionen und Angststörungen

In Deutschland kommt es zu immer mehr Arbeitsausfällen wegen Depressionen, Angststörungen oder chronischer Erschöpfung. Die Zahl der Krankheitstage aufgrund psychischer Leiden sei 2021 auf den Rekordwert von 126 Millionen gestiegen, berichtete die Augsburger Allgemeine heute unter Berufung auf Zahlen der Bundesregierung. Im Jahr davor seien es noch 119 Millionen gewesen.

Die Zeitung beruft sich auf eine ihr vorliegende Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion. Demnach fallen die Betroffenen auch immer länger aus: Habe die durchschnittliche Abwesenheit 2020 noch rund 33 Tage betragen, so seien es 2021 bereits 48 Tage gewesen. Dies sei ein Anstieg um 45 Prozent in nur einem Jahr.

Gestiegen sind den Angaben zufolge auch die volkswirtschaftlichen Kosten durch psychische Krankheiten. Rund 27 Milliarden Euro weniger an Bruttowertschöpfung seien unter anderem wegen der Produktionsausfälle erzielt worden, dies sei ebenfalls neuer Höchststand.

Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, nannte der Zeitung Personalmangel als Grund für die Entwicklung: „Die verbliebenen Beschäftigten müssen immer noch mehr Arbeit bewältigen – solange, bis sie selbst ausfallen.“

So verschärfe sich der Arbeitskräftemangel. Überdies heißt es in dem Bericht, das zuständige Arbeitsministerium sehe in seiner Antwort auf die Anfrage bezüglich der Arbeitsausfälle einen starken Zusammenhang mit "pandemiebedingten Belastungen".


Quelle: afp/kna/aerzteblatt.de, 23.12.2022


79,9 Prozent der nicht-akademischen Fachkräfte rechnen damit, dass 2023 beruflich ein gutes Jahr für sie wird.

Allerdings plant ein Viertel von ihnen einen Jobwechsel.

Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie von meinestadt.de. Damit ist trotz allgemeiner Krisenstimmung für 2023 mit einer größeren Dynamik auf den nicht-akademischen Arbeitsmärkten zu rechnen. Für die Untersuchung hat das Jobportal über das Marktforschungsinstitut Bilendi im Dezember 2022 und Januar 2023 insgesamt 3.000 Fachkräfte mit Berufsausbildung im Alter von 18-64 Jahren online befragt.


Lust auf berufliche Veränderung hoch

Fachkräfte in der Kranken-und Altenpflege, Logistik oder im Einzelhandel gehen wechselfreudig an das Berufsjahr 2023 heran:


  • 11,1 Prozent möchten sich einen neuen Job außerhalb der gewohnten Branche suchen, weitere
  • 14,0 Prozent planen den Arbeitgeberwechsel innerhalb ihrer Branche
  • 28,0 Prozent möchten an ihrer Work-Life-Balance arbeiten
  • 26,0 Prozent forderm eine Gehaltserhöhung fordern und
  • 21,0 Prozent wollen sich fachlich weiterbilden.
  • Nur 29,5 Prozent möchten 2023 beruflich alles so belassen wie es ist.


Ein Viertel der Fachkräfte hat keinen Spaß bei der Arbeit

  • 77,6 Prozent der Fachkräfte sind aktuell eher oder sehr zufrieden in ihrem Job
  • 22,3 Prozent zeigen sich allerdings unzufrieden.
  • 26,0 Prozent macht der eigene Job wenig oder gar keinen Spaß.
  • 69,2 Prozent sind mit der eigenen Work-Life-Balance zufrieden,
  • 30,8 Prozent sind unzufrieden mit ihrer eigenen Worl-Life-Balance. Mit 47,0 Prozent sind Kranken- und Altenpfleger:innen besonders unzufrieden mit der eigenen Work-Life-Balance.


Mehr Freizeit oder mehr Geld?

“Stellen Sie sich vor, Ihre: Chef:in bietet dir dieses Jahr entweder mehr Geld oder mehr Freizeit. Wofür würden Sie sich entscheiden?”


  • 61,6 Prozent der Befragten würden sich für mehr Geld entscheiden. Insbesondere “weil alles teurer wird”, “es mehr Sicherheit gibt” oder “man sich mehr leisten kann”.
  • 38,4 Prozent der Fachkräfte entscheiden sich für mehr Freizeit, vor allem weil sie dann “mehr Zeit für Familie haben”, sie “Freizeit kostbarer finden als Geld” oder damit die “Lebensqualität steigt”.


Stärkere Dynamik auf nicht-akademischen Arbeitsmärkten

“meinestadt.de hat wiederholt gezeigt: Der Fachkräftemangel ist bei den Fachkräften selbst angekommen. Beruflicher Optimismus ist vor dem Hintergrund des generalisierten Arbeitskräftemangels das vorherrschende Gefühl. Unsere aktuellen Studienergebnisse deuten deshalb auf eine zunehmende Dynamik auf den nicht-akademischen Arbeitsmärkten in Deutschland hin”, sagt Mark Hoffmann, CEO von meinestadt.de. “Dadurch entstehen zusätzliche Herausforderungen für Arbeitgeber sowohl fürs Recruiting als auch für die Bindung von Fachkräften mit Berufsausbildung.”


Quelle: Redaktion Supermarkt-Inside,12. Januar 2023


Sechs Stellhebel gegen "Quiet Qitting"


Quiet Quitting geistert derzeit als neues Schlagwort durch die Arbeitswelt. Gemeint ist damit, dass Mitarbeitende sich innerlich vom Unternehmen distanzieren und nur noch "Dienst nach Vorschrift" machen. Wer als Führungskraft jetzt nicht konsequent handelt, riskiert, seine Mitarbeitenden langfristig zu verlieren. Die Unternehmensberatung KINCENTRIC hat sechs Tipps formuliert, um Quiet Quitting erfolgreich entgegenzuwirken.


Zunehmender Fachkräftemangel, sinkendes Employee Engagement und das jüngste Phänomen "Quiet Quitting" – wer sich dieser Tage den klassischen wie sozialen Medien nicht ganz verschließt, kann in Sachen Arbeitsmarkt in Deutschland fast nur noch den Weltuntergang heraufziehen sehen. Neue Studien zeigen, dass den Deutschen der Beruf immer weniger bedeutet, ein Großteil die Arbeit gern auf Teilzeit, eine Viertagewoche oder gar auf null reduzieren würde.


Mitarbeiterbindung: Pandemie hat Spuren hinterlassen


Mitarbeitende sind das zentrale Asset eines jeden Unternehmens und ausschlaggebend, dass die strategischen und wirtschaftlichen Geschäftsziele überhaupt erst erreicht werden. Aber die Pandemie hat ihre Spuren hinterlassen und Prioritäten zuungunsten der Karriere verschoben. Jüngere Generationen haben andere Ansprüche als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen und gerade in allgemein verunsichernden Zeiten werden diese Tendenzen noch einmal befeuert.

Um Problemen wie diesen entgegenzuwirken, reichen materielle Benefits wie unbegrenzter Urlaub, Fitnessstudiokooperationen und die obligatorischen Obstkörbe nicht mehr. "Inspirierende Führung, erlebte Sinnhaftigkeit und eine authentische Unternehmenskultur entscheiden am Ende darüber, ob jemand in seinem Job bleibt, nicht die Anzahl der Urlaubstage oder schicke Retreats. Seine Mitarbeitenden zu verhätscheln reicht heute einfach nicht mehr", erklärt Dr. Stefan Mauersberger, Partner bei der Leadership- und HR-Beratung Kincentric.


Quiet Quitting als Resultat mangelnder Employee-Engagement-Strategie


Wer diese Stellschrauben jedoch zu lange ignoriert hat, riskiert mitunter sogar die mögliche Kündigung seiner Mitarbeitenden. Dabei geht es bei Quiet Quitting nicht um fehlende Motivation seitens der Mitarbeitenden, die ist durchaus vorhanden, wie Dr. Mauersberger weiß. "Allerdings gilt in der Post-Corona-Ära eine andere Priorisierung – die Arbeit als alleinige Motivationsquelle reicht nicht mehr aus. Die Leute wollen mehr als geradlinig die Karriereleiter hinaufklettern. Hinzukommt, dass viele Mitarbeitende durch die sprunghaft angestiegene Arbeitsbelastung – unter anderem durch die Unterbesetzung vieler Abteilungen – ausgebrannt sind", so Mauersberger.

Sechs Stellheben gegen Quiet Quitting


Quiet Quitting ist weder ein neuer, noch ein temporärer Trend, da sind sich die Experten einig. Wer als Führungskraft jetzt nicht schnell und konsequent handelt, riskiert, seine Mitarbeitenden langfristig zu verlieren. Kincentric hat deshalb sechs Stellhebel definiert, um Quiet Quitting erfolgreich entgegenzuwirken:


  • Grenzen setzen und respektieren. Viele Mitarbeitende haben aktuell ihre Belastungsgrenze erreicht – und das sollte auch offen kommuniziert werden dürfen. Nicht jede Aufgabe ist ein Feuer, das sofort gelöscht werden muss. Führungskräfte sollten ihre Mitarbeitenden ermutigen, Prioritäten zu setzen. Und diese auch respektieren! 


  • Gelebte Freiräume. Urlaub ist Urlaub, das heißt: arbeitsfreie Zeit! Das gilt für Führungskräfte genauso wie für Mitarbeitende. Wer seinen Angestellten nicht vorlebt, dass es wichtig ist, sich bewusste Freiräume zu nehmen, riskiert seine Mitarbeitende langfristig zu verlieren. 


  • Work-Life-Balance war gestern. Homeoffice und agile Arbeitsweisen haben zu einem Verschwimmen zwischen Beruflichem und Privatem geführt. Die klare und strikte Trennung ist entscheidend für das Wohlbefinden und somit auch für das Mitarbeiter-Engagement. 


  • Schweigen ist Silber. Reden ist Gold. Führungskräfte müssen wissen, was ihre Mitarbeitenden bewegt und antreibt. Regelmäßige Mitarbeitergespräche können dazu beitragen, die Fluktuationsrate signifikant zu verringern. 


  • Die richtige Balance finden. Ein Ausgleich zur Arbeit ist wichtig – das sollten Führungskräfte nicht nur vorleben und anerkennen, sondern gemeinsame Interessen zwischen Kollegen und Kolleginnen fördern. 


  • Zuhören als essentielle Basis für eine starke Engagement-Kultur. Unternehmen müssen die Sorgen und Anliegen ihrer Mitarbeitenden hören. Und allen voran: Diese auch ernstnehmen! Wer Engagement-Kultur vorantreiben will, muss die Gründe kennen, warum Mitarbeitende sich nicht gänzlich engagieren.   


  • Nachhaltige Unternehmenskultur statt Obstkörbe"Es ist höchste Zeit, den Fokus wieder stärker auf echte Werte zu setzen. Augenscheinliche Benefits helfen nicht, die Mitarbeitenden vor einem Wechsel aufzuhalten oder an das Unternehmen zu binden. Jeder Einzelne muss auch tatsächlich als Individuum gesehen werden und sich mit der Unternehmenskultur identifizieren", hält Stefan Mauersberger fest. Dabei ist es auch unverzichtbar, den Mitarbeitenden im Job entsprechende Freiheiten einzuräumen, ihre Privatsphäre zu respektieren und ihnen diese vor allem auch zu ermöglichen: "Statt Obstkörben bedarf es einer nachhaltigen Unternehmenskultur, da sich die Rahmenbedingungen verschoben haben. Vielleicht ist es auch einfach wieder der richtige Schritt zurück zu einer ausgewogenen Work-Life-Balance, für die sich keiner rechtfertigen muss."


Quelle: Haufe Online Redaktion News 16.11.2022


Stärkenorientierte Führung


Stärkenorientierte Führung – was heißt das eigentlich? Welchen Nutzen bringt es, Stärken stärker zu stärken? Wie könnte das gehen? Und was soll mit den Schwächen passieren?


Derzeit läuft die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer. Stellen Sie sich also vor, Sie sind Fußballtrainer und haben zwei Spieler im Kader, Keller und Mayer. Keller ist der Elfmetergott und zimmert zuverlässig jeden Strafstoß ins Netz – Freistöße sind aber so gar nicht sein Ding. Mayer wiederum hat unglaubliche Freistoßkünste parat – versagt aber regelmäßig bei den Elfmetern. Lassen Sie nun Mayer Elfer trainieren und Keller Freistöße, damit sie an Ihren Schwächen arbeiten?


Dann machen Sie es so, wie wir häufig mit Schwächen umgehen, den eigenen und den anderer: Wir fokussieren uns mit aller Energie auf sie. Oder lassen Sie Mayer seine Freistoßkünste weiter perfektionieren und Keller seine unhaltbaren Elfmeter noch unhaltbarer machen?


Das wäre stärkenorientierte Führung: Dass die Mitarbeitenden, die Excel-Tabellen gern und gut erstellen können, auch bei dieser Aufgabe eingesetzt werden. Dass derjenige, der sich leicht tut im Umgang mit Kundinnen und Kunden, auch derjenige ist, der auf Messen geschickt wird. Dass die filigrane Anästhesistin bei den HNO-Operationen der von ihr geliebten Kinder eingesetzt wird – und nicht bei der Chirurgie die x-te Hüftprothese reinklopfen helfen muss. Dass kurzum die Menschen unter Ihrer Führung häufiger das tun dürfen, was sie gut können und was sie mit Leidenschaft tun – damit das, was sie ungern und ungut tun, weniger ins Gewicht fällt.


Wozu sich mit stärkenorientierter Führung befassen?


Rund zwei Millionen Stellen sind gerade unbesetzt in Deutschland. Die Hälfte derer, die kündigen, kündigen laut einer von XING in Auftrag gegebenen Studie ohne eine neue Stelle in Sicht zu haben (Forsa, 2022). Und die wenigsten Menschen fühlen sich von ihren Führungskräften in ihren Stärken und Leistungen genügend gesehen und gewürdigt.


Der Arbeitskräftemangel in Deutschland dürfte sich in vielen Branchen und an vielen Orten weiter verschärfen. Um die knapper werdenden Talente zu finden und zu binden, kann positive Führung ein wichtiges Instrument sein. Nach dem Perma-Lead-Modell, das der Wiener Wirtschaftspsychologe Markus Ebner entwickelt hat, besteht positive Leadership vor allem aus fünf Strategien – Stärkenfokus ist ein Schlüsselelement davon. Eine positive Führungskraft in diesem Sinne


macht regelmäßig Freude, Interesse und andere positive Emotionen erlebbar,

stärkt Motivation und Engagement durch den Fokus auf Stärken,

legt Wert auf ein konstruktives, vertrauensvolles Miteinander,

macht Sinn, Bedeutung, Purpose für die Team-Mitglieder erlebbar und

ermöglicht Mitarbeitenden das Erleben von Weiterkommen, Fortschritt, Zielerreichung


Positive Leadership lässt sich sogar per Fragebogen-Tool messen und verbessern. Studienergebnisse (etwa Ebner 2019 und Longinus/Ebner 2020) lassen darauf schließen, dass positive Leadership unter anderem die Burnout-Raten der Mitarbeitenden vermindern, ihre Stressbelastung reduzieren und ihre Kündigungsabsichten verringern kann.


Der Fokus auf Stärken ist dabei ein Schlüsselbaustein. Denn Menschen, die ihre Stärken kennen und einsetzen können, haben u. a.


höheres Selbstvertrauen,

fühlen sich energiereicher,

verfolgen ehrgeizigere Ziele,

sind engagierter im Job und

sind loyaler gegenüber der Organisation (ein Überblick hierzu bei Bakker&van Woerkom 2018).


In fast keinem Bereich hat die Positive Psychologie in den vergangenen 20 Jahren mehr Ergebnisse zu Tage gebracht als in der Stärkenforschung. Da wäre es doch gut, wenn HR und Führungskräfte diese nutzen würden – im Interesse der Individuen, der Teams, der Organisationen und der Kundschaft.
 
 

Was sind Stärken überhaupt?


„Was sind denn Ihre Stärken?“ Ein All-time-Klassiker im Bewerbungsgespräch, vielleicht mussten Sie diese Frage auch schon mehrfach beantworten. Auslandserfahrung, Pünktlichkeit, Excel-Kompetenz. Das sind so klassische Antworten auf die Frage. Sie sind auch nicht falsch, aber eigentlich kann man Stärken noch als etwas anderes, Grundsätzlicheres verstehen. Als eine Frage nach dem WIE statt nur nach dem WAS.


Optimismus, Bescheidenheit, Begeisterungsfähigkeit, Urteilsvermögen: Das sind einige der der Stärken aus dem VIA-Stärkeninventar, des weltweit wohl am meisten beforschten Stärkentests. Mitentwickelt von Martin Seligman, dem Gründervater der Positiven Psychologie, ist es gedacht als positive Antithese zu den pathologisch ausgerichteten Klassifikationssystemen für psychische Störungen, als ein Katalog wertvoller menschlicher Eigenschaften, die einen Beitrag leisten zum „guten Leben“. Den VIA-Stärken-Test gibt es in rund 40 Sprachen, auf Deutsch ist er zum Beispiel unter www.gluecksforscher.de verfügbar. Andere Stärkentests, wie etwa der CliftonStrengths-Test, sind eher enger ausgelegt, sprachlich näher an Skills, Talenten und an lebenslauftauglichen Vokabeln der Arbeitswelt (kostenpflichtig zu finden zum Beispiel unter www.gallup.de).


Wie geht stärkenorientiertes Führen?


Stärkentests durchführen – das wäre schon mal ein Tipp für eine stärker stärkenorientierte Art des Führens. Denn häufig fehlt es am Vokabular für und am Wissen um Stärken. Hier drei weitere Tipps:

Erkennen Sie Stärken und setzen sich bewusst mal die rosarote Stärkenbrille auf – etwa wenn Sie eine Serie schauen oder ein Buch lesen oder detaillierter betrachten, was Ihre Mitarbeitenden genau wie machen.

Benennen Sie Stärken – etwa im Jahres- und Mitarbeitendengespräch: Welche Stärken sehen Sie in Ihren Mitarbeitenden? Was machen diese leichter, für Sie, für Kolleginnen, Kollege und für Dienstleister etc.? (siehe Buchtipp "Mitarbeitergespräche positiv führen")

Bieten Sie Stärkenworkshops an, etwa im Rahmen der Weihnachtsfeier oder zum Projekt-Kick-Off, mit Fragen wie: Welche Stärken helfen uns gerade? Welche waren uns für Erfolg X oder Projekt Y nützlich? Auf welche kommt es bei den nächsten Stellenbesetzungen an?


Und die Schwächen, die wir alle haben? Sie verschwinden natürlich durch stärkenorientierte Führung nicht über Nacht. Aber im Idealfall fallen sie dann weniger ins Gewicht, wenn alle mehr Verständnis für und Nutzen von den Stärken haben, den eigenen und denen anderer. Sie als Führungskraft können das befördern. Viel Gelingen, Glück und Gaudi dabei!


Quelle: Christian Thiele, Wirtschaftspsychologie aktuell, 7.12.22


Psychische Belastungen bei dauerhaftem Homeoffice


Lange Phasen im Homeoffice gehen auf die Psyche. Alleinsein und Isolation können belasten. Hinzu kommen mangelnde Pausen und oftmals nicht-ergonomische Arbeitsplätze. Was können Arbeitgeber und Beschäftigte unternehmen?


Wer lange im Homeoffice arbeitet, dem können psychische Probleme zu schaffen machen. 30 Prozent der mobil oder im Homeoffice Arbeitenden fühlen sich häufig allein oder isoliert. Jeder Achte empfindet die Arbeit zu Hause als psychische Belastung. Diese Zahlen liefert eine Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.507 Erwerbstätigen, die im Januar 2022 durchgeführt wurde.


»Eng getaktete Videokonferenzen, kaum Pausen und die fehlenden persönlichen Kontakte führen bei vielen Beschäftigten im Homeoffice zu Erschöpfung, Gereiztheit oder Gefühlen der Isolation«, sagt André Siegl, Arbeitsschutzexperte des TÜV-Verbands. Die Arbeitszeit  nehme zudem zu, da Laptop und Diensttelefon oft bis in die späten Abendstunden eingeschaltet seien. Das klassische Ausstempeln an der Stechuhr gebe es nicht mehr. »Verschärfend kommen ergonomisch unzureichend eingerichtete Arbeitsplätze und der Bewegungsmangel hinzu«, so Siegl. 


Auch die körperliche Bewegung kommt bei häufiger Arbeit im Homeoffice oftmals zu kurz. Das geben 65 Prozent der Befragten an. An Körpergewicht zugelegt haben 37 Prozent. Ein Grund dafür sind ausbleibende Arbeitswege, die sonst schon mal zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden. Darüber hinaus verfügt nur jeder zweite Beschäftigte über einen ergonomisch eingerichteten Arbeitsplatz im Homeoffice. Dieser würde einen Bürostuhl, einen Schreibtisch, eine externe Tastatur und einen großen Bildschirm beinhalten. Kopf- und Rückenschmerzen, muskuläre Verspannungen oder brennende Augen können die Folge sein. Vor allem kann auch die Kombination aus psychischen und physischen Belastungen das Risiko für langwierige Erkrankungen und Burnout erhöhen.


Der TÜV-Verband empfiehlt, dass Betriebe auch nach Auslaufen der Homeoffice-Pflicht die Arbeitsorganisation an die neuen Gegebenheiten anpassen sollten. Damit sind insbesondere die arbeitsrechtlichen Regelungen zum mobilen Arbeiten, die Ausstattung der Homeoffice-Arbeitsplätze und die Gestaltung der Arbeit in den Büroräumen gemeint. Um das soziale Miteinander zu fördern, unterstützen unter anderem eine Neugestaltung der Büroflächen mit Sitzecken, großzügige Kaffe-Küchen oder flexible Workshop-Räume. Dies kann Begegnungen und kreatives Arbeiten im Team ermöglichen. Wichtig ist ebenso eine gesundheitsfördernde Unternehmenskultur. Helfen können ebenso Fortbildungen zum Zeit- und Selbstmanagement, Stressbewältigung oder zur Gesundheitsförderung.


Quelle/Text: TÜV-Verband / Redaktion arbeitssicherheit.de (SL)



Zweifel am Arbeitgeber. Was Beschäftigte wirklich abschreckt.


Ein Viertel der Beschäftigten würde nicht mehr beim jetzigen Arbeitgeber anheuern, zeigt eine Studie. So können Unternehmen im Wettbewerb um Talente nachbessern.


Fliegende oder fliehende Arbeitnehmer-Herzen? Während die meisten Beschäftigten ihrem Arbeitgeber gegenüber loyal sind, gibt es bei rund einem Drittel Zweifel. Ist mein Job noch der richtige? Knapp ein Viertel der Beschäftigten würde sich nicht mehr beim aktuellen Arbeitgeber bewerben – immerhin elf Prozent sind sich bei dieser Frage unsicher. Das geht aus einer repräsentativen Civey-Umfrage hervor, die die Deutsche Employer Branding Akademie (DEBA) in Auftrag gegeben hat und die dem SPIEGEL exklusiv vorliegt.


Mehr zur Umfrage

Im Zeitraum vom 1. bis zum 8. September befragte das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Civey mehr als 2500 abhängig Beschäftigte. Auftraggeber ist das Berliner Beratungsunternehmen Deutsche Employer Branding Akademie (DEBA). Die Umfrage-Teilnehmer wurden online befragt.


Zwar würden 65,4 Prozent der Befragten ihrem Arbeitgeber auch ein zweites Mal treu bleiben. In Zeiten, in denen schon jetzt etliche Fachkräfte fehlen oder in die Rente abwandern , dürfte diese Bilanz für viele Arbeitgeber dennoch ernüchternd ausfallen.


Davon geht zumindest DEBA-Geschäftsführer Wolf Reiner Kriegler aus: »Wir erleben gerade eine Zeitenwende am Arbeitsmarkt. Es gehen mehr Leute als nachkommen, die Personaldecke wird überall immer dünner. In einer solchen Situation muss ein Arbeitgeber um fast jede Person kämpfen und kann es sich nicht leisten, dass ein Drittel der Leute potenziell abgeworben wird.«


Weniger Imagekampagnen, mehr Führung

Über die Gründe, warum Beschäftigte den aktuellen Arbeitgeber verlassen, gibt die Umfrage ebenfalls Aufschluss: Mit 38 Prozent ist der Eintritt in die Rente der Hauptgrund, warum Kolleginnen und Kollegen bei ihrem jetzigen Arbeitgeber ausscheiden. Rund 37,3 Prozent geben an, andere Mitarbeitende würden wegen des Geldes das Unternehmen wechseln sowie aufgrund von »fehlendem Spaß bei der Arbeit« (24,8 Prozent) eine berufliche Veränderung wollen. Dahinter folgen »mangelnde Weiterentwicklungsperspektiven« (23,3 Prozent) und »schwierige Vorgesetzte« (23,1 Prozent).

 

In den vergangenen Jahren, sagt Kriegler, hätten vor allem Großunternehmen Imagekampagnen gestartet oder ihren Mitarbeitern nette Zusatzleistungen geboten, um ihr Ansehen nach außen zu polieren. »Beschäftigte brauchen aber keine schicke Unternehmenswebseite oder Massageservice – sondern gute Führung und klare Unternehmenswerte«, sagt er. »Arbeitgeber sollten sich fragen: Wie ist es, für mich zu arbeiten, im Guten wie im Schlechten? Dann müssen sie gezielt nachbessern.«


Kündigungsgrund: zu derbe Witze

Einem IT-Unternehmen etwa, das Kriegler vor einiger Zeit beraten habe, sei der hauseigene rustikale Humor zum Verhängnis geworden. Regelmäßig hätten Beschäftigte den 80 Mitarbeiter starken Betrieb verlassen, bis man dort die Firmenkultur genauer unter die Lupe genommen habe – und sich herausstellte: Gerade frisch Angestellten waren die Witze dort zu derbe.

»Die Mitarbeiter, die diese Art von Humor nicht teilten, haben sich im Betrieb wie Fremdkörper gefühlt«, so Kriegler. »Hätten sie gewusst, was sie dort erwartet, hätten sie sich voraussichtlich gar nicht erst beworben«. Jetzt spreche man das bereits in Bewerbungsgesprächen an – und habe Mitarbeiter anwerben können, die nicht gleich wieder abwanderten.


Die Studie zeigt einmal mehr: Geld ist nicht alles. Denn auf die Frage, woran man einen »guten Arbeitgeber« am ehesten erkenne, zeichnet die Untersuchung ein recht eindeutiges Bild: Knapp zwei Drittel gaben an, ein Unternehmen müsse fair mit seinen Beschäftigen umgehen. Bei den Befragten mit Berufsausbildung waren sogar 72,3 Prozent der Ansicht, einen guten Arbeitgeber erkenne man an seinem fairen Umgang mit den Mitarbeitenden.

Ein gutes Arbeitsklima, Loyalität in Krisenzeiten


Was Beschäftigte außerdem am Arbeitgeber schätzen: ein positives Arbeitsklima (55,6 Prozent) und dass der Arbeitgeber auch in Krisenzeiten zu seinen Beschäftigten hält (43,9 Prozent). Interessant ist: Nur circa 21 Prozent beurteilen einen guten Arbeitgeber danach, ob er im Vergleich zur Konkurrenz mehr zahlt. Flexibilität von Arbeitszeit und -ort wird mit rund 24 Prozent ähnlich wichtig bewertet.


Weitere Erkenntnisse der Studie:

  • Der Umfrage zufolge sehen Beschäftigte mit Berufsausbildung ihren Arbeitgeber kritischer, fühlen sich weniger verbunden, würden sich seltener wieder bewerben und wünschen sich Loyalität in Krisenzeiten. Das gilt besonders für Beschäftigte in der Produktion, Logistik oder im Lager.
  • Nur gut jeder Zweite mit Berufsausbildung (52,8 Prozent) würde sich noch einmal bewerben, 18,3 Prozent »auf keinen Fall«. Knapp ein Fünftel sehen eine mangelnde Identifikation mit dem Arbeitgeber als einen der Hauptgründe für Jobwechsel im Kollegenkreis.


»Firmen müssen ihren Mitarbeitenden ein Identifikationsangebot machen«, so Kriegler. »Wofür steht die Firma, was erwartet Beschäftigte hier? Nur wer darauf mehr Wert legt, wird Fachkräfte zukünftig für den eigenen Betrieb gewinnen oder halten können.«


Quelle: Spiegel, von Franca Quecke, 13.9.22


Deutsche haben weniger Lust zu arbeiten


Immer mehr Deutsche verlieren die Lust an der Arbeit. Mehr als die Hälfte würde gar nicht arbeiten, wenn es finanziell möglich wäre.



Einer steigenden Zahl von Menschen in Deutschland vergeht nach einer neuenUmfrage die Lust am Arbeiten. Knapp die Hälfte der Arbeitnehmer (48 Prozent) würde demnach in Teilzeit wechseln, wenn ihr Arbeitgeber das erlaubte. Und 56 Prozent erklärten, dass sie schnellstmöglich die Arbeit an den Nagel hängen würden, wenn sie finanziell nicht auf den Job angewiesen wären.

Das hat das Umfrageinstitut Yougov für eine alljährliche Berufestudie ermittelt, die der Versicherer HDI am Dienstag in Hannover veröffentlichte. Die Demoskopen befragten im Juni und Juli 3.891 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab 15 Jahren.

Vor Beginn der Corona-Pandemie 2019 hatten nur 41 Prozent gesagt, dass sie bei ausreichenden Finanzen das Arbeiten am liebsten einstellen würden. Mehr als drei Viertel sagten, dass sie die Einführung der Vier-Tage-Woche in ihrer jeweiligen Firma begrüßen würden, eine große Mehrheit allerdings nur bei vollem Lohnausgleich.

Vor allem junge Arbeitnehmer

Die Bindung an die Arbeit nimmt demnach vor allem bei jungen Arbeitnehmern ab: So sagten 58 Prozent der unter 25-Jährigen, dass sie sich ein Leben ohne Beruf nicht vorstellen könnten – 2020 waren es noch 69 Prozent gewesen.

Sowohl der Auftraggeber HDI als auch die Bundesagentur für Arbeit sehen die Umfrage als Beleg für den raschen Wandel der Arbeitswelt: "Es verwundert nicht, dass die Anforderung von Unternehmen wie auch die Erwartungen der Beschäftigten an ihr Arbeits- und Alltagsleben sich rasant verändern", sagte Torsten Withake, Chef der nordrhein-westfälischen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit.


"Besonders junge Berufstätige in Deutschland streben den Ergebnissen unserer Studie zufolge vehement nach mehr Freiräumen im Beruf", berichtete HDI-Deutschlandchef Christopher Lohmann.


Die Erwartungen der Arbeitnehmer stehen dabei im Gegensatz zu den Anforderungen des Arbeitsmarkts. Nach Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gab es im zweiten Quartal dieses Jahres 1,9 Millionen offene Stellen, so viele wie noch nie seit Beginn der Erhebungen. Angespannt ist die Personalsituation demnach in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, aber auch Handwerk und IT-Branche melden viele offene Stellen.


Quelle:dpa, aktualisiert am 27.09.2022 - 12:26 Uhr


«Tagträumen im Büro ist wichtig»: Weshalb unser Gehirn in der modernen Arbeitswelt an Grenzen stößt



Das Gehirn ist nicht ausgerichtet auf Multitasking, ständige Erreichbarkeit und ein Umfeld, in dem Angst geschürt wird. Wie geht es besser? Und welche Rolle spielen dabei die Führungskräfte?

Viele Mitarbeiter und Führungskräfte können nicht mehr abschalten. Das hat schwerwiegende Folgen.

Man hat den ganzen Tag Video-Calls absolviert, E-Mails geschrieben und Pendenzen abgearbeitet, weiss nach getaner Arbeit aber nicht mehr genau, was man eigentlich geleistet hat. Oder man ist zu erschöpft, um am Abend etwas zu tun, was einem Freude bereitet. Vielleicht gelingt es auch nicht mehr, abzuschalten und zu entspannen.

«Viele Arbeitnehmer erkennen sich darin wieder», sagt der Neurobiologe Bernd Hufnagl. Besorgniserregend sei aber vor allem, dass sich viele Menschen gestresster fühlten als sonst, wenn sie einmal für ein paar Minuten nichts täten. Hufnagl, der Firmen in hirngerechter Arbeitsweise berät, sammelt genau in dieser Situation medizinische Daten mithilfe eines EKG und muss feststellen, dass heute 95% der untersuchten Manager während der Ruhephase Stress statt Entspannung erleben. Das war 2004 noch anders: Damals konnten rund 30% der Führungskräfte in der fünfminütigen Pause abschalten.


Eintrittspforte für Burnouts

«Dies ist ein untrügliches Zeichen, dass sich das Gehirn an die digitale Permanenz angepasst hat», sagt Hufnagl. Die Menschen hätten keine innere Distanz mehr zu ihren Handlungen und hätten dadurch einen Tunnelblick entwickelt. «Das ist eine Eintrittspforte für Überlastung.»

Beschleunigt durch die Digitalisierung ist die Arbeitswelt hektischer geworden. Multitasking, permanente Erreichbarkeit und ausgeübter Druck würden im Gehirn Stress auslösen, sagt Hufnagl. Das Empfinden hängt dabei allerdings nicht nur von äußeren Faktoren ab, sondern auch von der eigenen Wahrnehmung. Jemand, der ein Problem für bewältigbar hält, ist weniger gestresst.

Unabhängig von der Wahrnehmung brauche das Gehirn aber ineffiziente Phasen, damit die innere Distanz zu den Handlungen bestehen bleibe, sagt Hufnagl. «Deshalb ist kurzes Tagträumen, auch im Büro, wichtig.» Nur wer einen gesunden Abstand bewahre und dabei beispielsweise ein Thema aus unterschiedlichen Perspektiven betrachte, könne sich längere Zeit auf eine Sache konzentrieren.


Schädliches Multitasking

Das in der Arbeitswelt weitverbreitete Multitasking stellt allerdings eine Herausforderung dar. «Das Gehirn ist nicht dafür gemacht, sich auf zwei Dinge gleichzeitig zu konzentrieren», sagt Sebastian Purps-Pardigol, Unternehmensberater und Autor von Büchern über eine gehirngerechte Arbeitswelt. Die Aufmerksamkeit springe vielmehr hin und her. Dies sei anstrengend für das Gehirn. Viel energiesparender sei es, wenn die Aufgaben nacheinander erledigt würden.

Diese Arbeitsweise ist auch deutlich effizienter und weniger fehleranfällig als Multitasking. Nach einer Unterbrechung benötigt das Gehirn rund 20 Minuten, um wieder in die ursprüngliche Aufgabe hineinzufinden. Laut Schätzungen entspricht eine Stunde Multitasking rund 20 Minuten konzentrierter und fokussierter Arbeit.

Wer ständig im Multitasking-Modus arbeite, verringere den Zugriff auf den Teil des Gehirns, in dem die höher entwickelten kognitiven Fähigkeiten verborgen liegen, sagt Purps-Pardigol. Es wird schwieriger, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und die Impulse zu kontrollieren. Zudem erledigen die Menschen die Aufgaben messbar langsamer und sind dabei genervter.


Nachfolgend ein paar Ideen, wie die Arbeitsweise besser dem Gehirn angepasst werden kann:

Arbeiten, wie es zum Gehirn passt


  1. Den Tag nach persönlicher kognitiver Leistungsfähigkeit strukturieren: Wichtige konzeptionelle Arbeiten in Phasen besseren Zugriffs auf kognitive Fähigkeiten erledigen. E-Mails abarbeiten, wenn die kognitiven Fähigkeiten nachlassen. 
  2. Mehr Pausen einlegen: Ab und zu die Gedanken schweifen lassen und sich bewegen, um das Gehirn durchatmen zu lassen. Nach rund 45 bis 90 Minuten konzentriertem Arbeiten bietet sich eine Pause an.
  3. Zeit für konzentriertes Arbeiten reservieren: Fixe Zeiten festlegen, in denen man sich vollständig einer Tätigkeit widmet, die Konzentration erfordert. In dieser Zeit keine E-Mails lesen und das Smartphone weglegen.
  4. Weniger häufig E-Mails und Kurznachrichten checken: Um nicht ständig unterbrochen zu werden, können E-Mails und Nachrichten gebündelt zu festgelegten Zeiten bearbeitet werden.


Wie gut die Konzentration auf eine Aufgabe gelingt, hängt aber auch vom Arbeitsumfeld ab. Gefragt sind klar definierte und eingespielte Prozesse, welche die Aufmerksamkeit auf die Arbeit lenken. Hilfreich sind dabei etwa Projektboards, in die alle Beteiligten Einblick haben. Jede und jeder aktualisiert das Board, sobald eine Aufgabe erledigt ist. Nachrichten, um Teammitglieder über den neusten Stand zu informieren, werden überflüssig.

Chefs spielen eine entscheidende Rolle


Den Führungskräften kommt dabei eine entscheidende Rolle zu.

«Sie sollten vor allem ein Umfeld schaffen, in dem die Mitarbeitenden ohne Angst arbeiten können», sagt Purps-Pardigol. Denn Angst reduziere den Zugriff auf die höher entwickelten neuronalen Netzwerke des Gehirns, in denen Fähigkeiten wie kreative Lösungsfindung, vorausschauendes Planen und Priorisieren verborgen liegen.

Ein angstfreies Arbeitsumfeld zeichne sich dadurch aus, dass Fehler als eine Möglichkeit gesehen würden, dazuzulernen. Zudem übe die Chefin oder der Chef keinen Druck aus. Denn damit lasse sich nur kurzfristig eine bessere Leistung erzwingen. Auf längere Sicht sei immer mehr Druck notwendig, und irgendwann nehme die Leistung der Angestellten massiv ab. Nur in einem von gegenseitiger Wertschätzung, Vertrauen und Motivation geprägten Umfeld würden die Leute mitgestalten, Teamgeist zeigen und kreative Lösungen finden, sagt Purps-Pardigol.

Vor allem in Zeiten des Umbruchs zahlt es sich aus, ein solches Arbeitsumfeld zu schaffen. Nicht selten reagieren Mitarbeitende mit dem Reflex: «Wir haben es doch immer so gemacht.» Sie tun dies meistens nicht, weil sie die Notwendigkeit der Maßnahmen kognitiv nicht verstehen würden, sondern weil Veränderungen einen Verlust von Sicherheit bedeuten. Gerade in Zeiten der Transformation ist es zentral, dass sich Führungskräfte für die Mitarbeitenden interessieren und Wertschätzung zeigen. Dies gelingt allerdings nur empathischen Menschen. Je gestresster jemand ist, desto weniger Empathie kann sie oder er empfinden.


Eine Bewegung kreieren

«Man muss bei sich selbst anfangen», sagt Frank Meyer, CEO für Italien beim Energiedienstleister E.On. Er begann sich vor einiger Zeit für Themen wie Achtsamkeit, Meditation und Yoga zu interessieren. Dadurch wurde er rasch widerstandsfähiger und stressresistenter, passte seine Führung an und propagierte die Methoden in seinem Team. «Es reicht allerdings nicht, diese Methoden losgelöst weiterzugeben», sagt Meyer, der zuvor bei E.On den Bereich Future Energy Home und E-Mobilität aufgebaut und zu starkem Wachstum geführt hat. «Wir wollen Ziele erreichen», sagt er, «am Ende zählen die Ergebnisse.» Dafür sei Führung nötig, die Achtsamkeit und Ergebnisorientierung verbindet.

Den erfolgreichen Aufbau des Bereichs führt Meyer darauf zurück, dass es ihm gelungen ist, eine Bewegung zu kreieren: «Menschen lassen sich anstecken, wenn sie sich zugehörig fühlen, mitgestalten können und einen Sinn in ihrer Tätigkeit sehen.»

Zunächst habe es viele Widerstände gegen den neuen Bereich gegeben, doch mit der Zeit habe sich eine Eigendynamik entwickelt. Meyer hat auch dazugelernt. Heute bezieht er die Mitarbeitenden stärker ein als früher und entwickelt etwa die Strategie von Anfang an direkt mit den Mitarbeitenden zusammen. Jeder kann daran teilhaben: «Damit steigt die Verbundenheit.»

Seine Rolle als Führungskraft sieht der Manager vor allem darin, klare Visionen und Ziele zu entwickeln und für das Team ein Umfeld zu schaffen, diese bestmöglich umzusetzen. Dazu müssten die Angestellten konzentriert, fokussiert sowie mit Engagement und Motivation an den wichtigen Problemen arbeiten können. Sie müssten auch geschützt sein, um Fehler machen zu dürfen, um zu lernen. «Dann können sie über sich hinauswachsen, und Außergewöhnliches wird möglich», sagt Meyer. Als Führungskraft sei es auch wichtig, seine Fehler einzugestehen sowie offen und ehrlich zu kommunizieren. Nur dann würden die Mitarbeitenden kreativ und initiativ arbeiten.


Zeit für strategische Aufgaben

Zukunftsideen werden in Konzernen aber nicht nur durch interne Widerstände gebremst, sondern manchmal auch durch starre Strukturen und Prozesse. Peter Fregelius, Abteilungsleiter im Bereich Cloud-Lösungen bei der Swisscom, hatte vor sechs Jahren in seiner früheren Funktion beim Telekomanbieter den Auftrag erhalten, ein neues TV-Angebot zu entwickeln. Doch nach wenigen Monaten stellten er und sein Team fest, dass sie das Produkt innerhalb der bestehenden Arbeitsprozesse nicht rechtzeitig würden fertigstellen können. «Wir haben im Internet eine agile Arbeitsmethode entdeckt und diese ausprobiert», erinnert sich der Manager.

Anfangs habe er viele Ängste und Probleme der Mitarbeitenden «managen» müssen, sagt Fregelius. Die neue Arbeitsweise führte dazu, dass zahlreiche Funktionen überflüssig wurden und neue Rollen definiert werden mussten. Dadurch verloren viele Teammitglieder an Macht. Rund ein Viertel der Belegschaft habe mit dem neuen Arbeitskonzept nichts anfangen können, die Abteilung gewechselt oder sich einen neuen Job gesucht. Die anderen hätten teilweise neue Aufgaben übernommen, mehr selbst entschieden und selbst die Verantwortung für die Ergebnisse getragen, sagt Fregelius.


Wozu braucht es den Chef?

Er selbst habe sich während des Umbruchs ernsthaft gefragt, wozu es ihn überhaupt noch brauche, wenn die Mitarbeiter ihre Projekte weitgehend autonom vorantrieben, sagt Fregelius. Nach einer Weile fand er seine neue Rolle als Vorgesetzter. Er unterstützte seine Mitarbeitenden bei laufenden Projekten als Sparring-Partner, informierte sich regelmässig über den Stand der Arbeiten, behielt die Übersicht und stellte den Informationsfluss sicher. Zudem blieb mehr Zeit für strategische Aufgaben. «Die Anstrengungen haben sich gelohnt», sagt er. Das Produkt sei rechtzeitig fertig geworden und habe sich am Markt bewährt. Durch das agile Arbeiten sind laut dem Swisscom-Manager nicht nur die Mitarbeitenden zufriedener geworden, sondern auch die Produktivität sei um 20 bis 30% gestiegen.


Aus den Erfahrungen in den Firmen und Erkenntnissen aus der Hirnforschung lassen sich folgende Anregungen für die Mitarbeiterführung ableiten:


Führen, wie es zum Gehirn passt

  1. Entspannen und zur Ruhe kommen: Gestresste Führungskräfte sind weniger empathisch. Es fällt ihnen schwerer, ein Umfeld zu kreieren, in dem die Teammitglieder ihre Fähigkeiten am besten einsetzen können.
  2. Umfeld für angstfreies Arbeiten schaffen: Sich für Mitarbeitende interessieren und Wertschätzung zeigen. Fehler als Möglichkeit sehen, daraus zu lernen. Offen und ehrlich kommunizieren.
  3. Konzentriertes Arbeiten fördern: Prozesse auf konzentriertes Arbeiten am Stück ausrichten. Kommunikationsregeln zusammen mit den Mitarbeitenden definieren, damit sie weniger in ihrer Arbeit unterbrochen werden. Sitzungszeiten auf das Wesentliche beschränken.
  4. Entwicklungsmöglichkeiten bieten: Angestellte ermutigen und unterstützen, neue Herausforderungen anzunehmen. Wird das Gehirn gefordert, bleibt man neugierig und offen für Neues.


Kulturwandel in Firmen

Die Gesamtleistung im Unternehmen steigt, wenn sich die Angestellten besser auf ihre Aufgaben konzentrieren und die Vorgesetzten dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden möglichst ungestört, angstfrei und produktiv arbeiten können. Laut Hufnagl spielt dabei allerdings auch die Firmenkultur eine wesentliche Rolle: «Es braucht eine Leistungs- anstatt eine Erfolgskultur.» Denn der Erfolg sei lediglich ein Nebenprodukt der im Unternehmen erzielten Leistung und lasse sich nicht direkt steuern.

Um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, gehe es daher nicht in erster Linie darum, ihre Erfolge zu belohnen, sondern viel zentraler sei, dass sie wieder erkennen würden, wofür sie sich anstrengten und welchen Beitrag sie zum Gesamten leisteten. «Dann wachsen die Leistungsbereitschaft, die intrinsische Motivation und die individuelle Belastbarkeit», sagt Hufnagl. Nach einem hirngerechten Arbeitstag fühlten sich die Menschen nicht erschöpft. Sie könnten vielmehr abschalten und neue Kraft schöpfen.


Quelle: Karin Hofer / NZZ; 9. 8 21


Der Fachkräftemangel ist ein Mythos



Seit Jahren vergeht kaum eine Woche, in der nicht mindestens ein Unternehmer beklagt, vergeblich nach Personal zu fahnden. Unterstützung bekommen die Arbeitgeber von Verbänden und Personalvermittlern, die die Sorgen mit Statistiken und Projektionen bekräftigen. Das Forschungsinstitut Prognos etwa errechnete, dass bis 2030 drei Millionen Arbeitskräfte fehlen werden. Und das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kommt in seinem MINT-Report über den Arbeitsmarkt für Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker zu dem Schluss, dass aktuell 237.500 dieser Fachkräfte fehlen. Sieht es wirklich so düster aus? Gibt es die gewünschten Bewerber tatsächlich nicht? Oder geben sich die Unternehmen bei der Suche schlicht zu wenig Mühe?


Karl Brenke spricht, wenn auch rhetorisch etwas schief, Klartext: „Das Geschrei der Unternehmen ist viel heiße Luft.“ Natürlich gebe es in einigen Branchen Engpässe, sagt der Arbeitsmarktexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), und in manchen Bereichen sogar einen Mangel, etwa in der Pflege, im Handwerk oder bei speziellen IT-Berufen. „Von einem flächendeckenden Fachkräftemangel“, sagt Brenke, „kann aber keine Rede sein.“ Und tatsächlich gibt mancher Personaler auch zu, dass der Mythos vom Fachkräftemangel die eigene Reputation retten könne – als Ausrede für all diejenigen, die offene Stellen nicht schnell genug besetzen können. Auch für Personaldienstleister gibt es kein besseres Verkaufsargument als knappe Arbeitskräfte.
 
Fachleute wie Brenke kritisieren die Methodik vieler Studien. Für seinen MINT-Report stellt das IW Köln beispielsweise zwei Zahlen einander gegenüber: die der offenen Stellen und die der Arbeitslosen. „Dieser Vergleich sagt aber gar nichts aus“, so Brenke: „Nicht jeder, der einen neuen Job sucht, ist arbeitslos gemeldet.“


Ein guter Indikator für Knappheit sind die Löhne

Die Bundesagentur für Arbeit bestätigt, dass sie nicht unterscheiden könne, ob zwei Stellenanzeigen auf denselben Job hinweisen. Das ist immer dann der Fall, wenn nicht nur der Arbeitgeber seine offene Stelle meldet, sondern auch der Personaldienstleister, den das Unternehmen mit der Suche beauftragt hat. Die Folge: Es gibt zwei Anzeigen für einen Job. Der einzig zuverlässige Indikator, um Knappheiten am Arbeitsmarkt zu messen, ist für Brenke daher die Lohnentwicklung. „Gäbe es tatsächlich einen Fachkräftemangel“, sagt der Forscher, „müssten die Reallöhne viel stärker steigen.“ Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Reallöhne im Jahr 2018 jedoch gerade einmal um ein Prozent.
 

„Schon jetzt gibt es Fachkräfte-Engpässe“. Das stimmt zwar für einige Berufsgruppen, ist aber auch regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die aktuellste Engpass-Analyse der Bundesagentur für Arbeit etwa sieht keinen flächendeckenden Fachkräftemangel - wohl aber Engpässe in einigen technischen Berufen sowie in Gesundheits- und Pflegeberufen. Mit durchschnittlich 162 Tagen am längsten bleiben demnach Stellen in der Altenpflege unbesetzt, gefolgt von Jobs im Bereich Heizung, Sanitär, Klimatechnik und Klempnerei (150 Tage) sowie Softwareentwicklung und IT-Beratung (143 Tage).


Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) wiederum kommt in einer Analyse zu dem Ergebnis, dass die Firmen derzeit etwa die Hälfte aller Stellen in Engpassberufen ausschreiben und somit Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung vielerorts bereits die Regel und nicht die Ausnahme seien. Im Süden sei die Lage dabei angespannter als im Norden, aber auch in Ostdeutschland spitze sich die Situation teils zu. Auch Enzo Weber vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) sagt: In einigen ostdeutschen Boom-Regionen steige der Arbeitskräftebedarf bei gleichzeitig fehlendem Zuzug entsprechender Fachkräfte.


„Das Problem wird sich künftig verschärfen und auch aufs Wirtschaftswachstum drücken.“

Das lässt sich nicht ohne weiteres genau prognostizieren. Vorhersagen aus der Wirtschaft zur künftigen Fachkräftelücke stoßen deshalb regelmäßig auf Kritik - auch weil dahinter das Interesse vermutet wird, möglichst viele junge Leute für technische Berufe zu rekrutieren und so die Bezahlung zu drücken. Fest steht nur: Zwar schmälern die Alterung der Gesellschaft und der Trend zum Studium die Zahl potenzieller Bewerber in bestimmten Berufen. Aber die Digitalisierung könnte diese Entwicklung abfedern. Noch lässt sich allerdings nicht genau absehen, in welcher Geschwindigkeit der zunehmende Einsatz von Sensorik, Maschinen und Robotern menschliche Arbeitskräfte einmal ersetzen wird. Auch wie sich Zuwanderung und die Aufnahme von Flüchtlingen mittel- bis langfristig auf das Fachkräftepotenzial auswirken, bleibt abzuwarten.


„Der Fachkräftemangel ist auch hausgemacht.“ Vor allem die Gewerkschaften werfen Arbeitgebern in Berufen mit Nachwuchssorgen vor, zu wenig für die Ausbildungsqualität zu tun. Überstunden, fehlende Ausbildungspläne oder hoher Druck - solche Mängel machten manche Berufe für junge Leute eben unattraktiv, argumentiert etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund. In seinem jährlichen Ausbildungsreport kommen etwa immer wieder Ausbildungsgänge im Hotel- und Gaststättengewerbe vergleichsweise schlecht weg. Genau in solchen Berufen gebe es besonders viele unbesetzte Ausbildungsplätze, sagt DGB-Bundesjugendsekretär Florian Haggenmiller. Um Abhilfe zu schaffen, haben Wirtschaft und DGB ein spezielles Beschwerde-Management auf den Weg gebracht.


„Fachkräfte und Auszubildende sind oft zu wenig mobil.“ Darauf macht etwa die IW-Studie aufmerksam - und empfiehlt den Arbeitgebern, selbst aktiver und beweglicher zu werden. Neben dem Blick über den regionalen Tellerrand bei der Suche von Fachkräften und Azubis könnten die Betriebe den jungen Leuten vor Ort verstärkt Wohnmöglichkeiten anbieten und auch Arbeitslose zum Umzug bewegen.


„Die Weiterbildung muss ausgebaut werden.“ Hier besteht dringender Handlungsbedarf, sagt etwa IAB-Experte Weber - und Staat und Betriebe sollten dabei Hand in Hand arbeiten, auch um den digitalen Wandel gut zu bewältigen. „Wir brauchen eine Weiterbildungspolitik.“ Lars Fiehler, Geschäftsführer für Standortpolitik bei der IHK Dresden, hört ständig, wie bedrohlich der Engpass sei. Frage er jedoch genauer nach, entpuppe sich die Knappheit meist als „Mix aus harten Fakten“ und „diffusen Gefühlen“: Tatsächlich stattfindende Produktionsausfälle würden weitaus seltener beklagt als etwa der Rückgang von Bewerbungen. Man dürfe daher „nicht so tun, als würden uns die Menschen ausgehen. Das stimmt einfach nicht.“ Vielmehr müssten Geschäftsführer und Manager nach den Ursachen forschen, warum sie keine geeigneten Mitarbeiter finden.


Carolin Unger leitet das Personalmarketing und Recruiting beim Technologieunternehmen Rohde & Schwarz, das unter anderem Rundfunksendetechnik und Körperscanner für Flughäfen herstellt. Natürlich sei es schwieriger als noch vor einigen Jahren, geeignete Arbeitskräfte zu finden. Eine echte Bedrohung kann sie aber nicht erkennen: „Wer seine Hausaufgaben macht, findet ausreichend Arbeitskräfte.“

Erstens gehe es darum, auf die Bedürfnisse der Beschäftigten einzugehen und sie an das Unternehmen zu binden. „Zufriedene Mitarbeiter machen die beste Werbung“, sagt Unger. Zweitens müsse Rohde & Schwarz bei der Suche nach besonders gefragten Nachrichtentechnikern und Softwareentwicklern kreativ werden. Im März 2017 etwa lockte das Familienunternehmen auf der Cebit mit einem Cybersecurity-Quiz junge Informatiker an seinen Stand. Darin mussten die Teilnehmer gegen einen Hacker antreten und möglichst viele Fachfragen richtig beantworten. 450 Talente machten mit, 110 unterhielten sich im Anschluss mit Mitarbeitern über das Unternehmen. „Mit solchen Aktionen werden Sie bei der Zielgruppe sichtbar“, sagt Unger.

 

Trotzdem setzen nur wenige Mittelständler auf solche kreativen Methoden. Schade eigentlich, findet Martin Gaedt. Der Berater und Autor veranstaltet seit Jahren Seminare darüber, wie Unternehmen an die scheinbar nicht vorhandenen Fachkräfte kommen. „Arbeitgeber bringen Bewerbern immer noch nicht genügend Wertschätzung entgegen“, resümiert Gaedt. Die Bewerbungsverfahren dauerten zu lange – und wenn die Personaler Bewerbern überhaupt mal eine Absage schickten, fielen die zu pauschal aus und seien damit wenig hilfreich: „Ein schlecht behandelter Kandidat bewirbt sich kein zweites Mal.“ Zudem würden Unternehmen manche Personengruppen schlicht ignorieren, sagt Gaedt: Hunderttausende Studienabbrecher zum Beispiel, Arbeitskräfte aus dem EU-Ausland oder Eltern, die in den Beruf zurückwollen.


Wer Bewerber wertschätze und annehmbare Konditionen biete, habe gute Chancen, die richtigen Angestellten zu finden. Darunter versteht Gaedt weder kostenlose Müslibars, Betriebskitas oder teure Firmenwagen, sondern mitunter so profane Dinge wie einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Denn trotz angeblicher Personalengpässe tun sich deutsche Unternehmen offenbar schwer, Mitarbeitern von Anfang an eine langfristige Perspektive zu bieten. 2018 erhielten nach Angaben der Bundesregierung vier von zehn der neu eingestellten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einen befristeten Arbeitsvertrag. Wäre es nicht besser, die hart umworbenen Arbeitskräfte möglichst eng an sich zu binden, sobald man sie erfolgreich angelockt hat?


Manche Fachkräfte wollen darauf offenbar nicht länger warten. Darauf deuten Zahlen des Statistischen Bundesamtes. 2018 haben netto 60.000 Deutsche die Bundesrepublik verlassen – viele, um im Ausland ihr Arbeitsglück zu finden. 
Einer von ihnen ist Tom Völler. Der 27-jährige Mediziner forscht derzeit an der ETH Zürich; nach Ablauf seines Dreijahresvertrags will er zum Facharzt aufsteigen. Ob er dafür nach Deutschland zurückkehrt? Unklar. „Ich gehe dorthin, wo ich die besten Konditionen bekomme“, sagt der Familienvater. Dazu gehören für ihn neben einer Kinderbetreuung geregelte Arbeitszeiten und weniger Bürokratie. „Ich will als Arzt arbeiten“, sagt Völler, „nicht als Krankenhausorganisator.“ In Deutschland müssten Ärzte häufig Aufgaben übernehmen, die nichts mit der medizinischen Ausbildung zu tun hätten: Befunde anfordern, Verlegungen organisieren. In Großbritannien, nur zum Beispiel, würden derlei Arbeiten von Clinical Case Managern übernommen. Den Ärzten bliebe so mehr Zeit für ihre eigentliche Tätigkeit. Bürokratie, unzählige Überstunden und hohe Arbeitsbelastung sind die Hauptgründe, warum jährlich etwa 2000 Ärzte die Republik verlassen.


Quelle: Kristin Rau, Wirtschaftswoche, 16.12.19


Unfallursache Schlafmangel? Dem unterschätzten Problem jetzt vorbeugen!

Unfallursache Schlafmangel? Die Wenigsten schlafen in der Regel am Arbeitsplatz. Daher betrifft dieses Thema auf den ersten Blick nicht den Arbeitsschutz. Doch das Gegenteil ist der Fall. In letzter Zeit häufen sich die Belege, dass gesunder Schlaf und ausreichende Erholungszeiten viel wichtiger für die Unfallprävention sind, als bislang vermutet.

Mediziner kennen mehr als 80 unterschiedliche durch Schlafmangel hervorgerufene Störungen – von Einschlaf- oder Durchschlafstörungen über Albträume und Schlafwandeln bis zu schlafbezogenen Atmungsstörungen, wie z. B. der Schlafapnoe (Atemaussetzer, oft mit Schnarchen verbunden). Dies wirkt sich zunächst auf die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Lebenspartner aus. Durch mangelnde Konzentrationsfähigkeit kann Schlafmangel allerdings auch bald zu einer erhöhten Unfallgefahr führen.

Unfallursache Schlafmangel?

Immer deutlicher zeigt sich ein Zusammenhang von Schlafstörungen mit Arbeitsunfällen und Ausfalltagen. Denn wer nicht erholt zur Arbeit erscheint, ist eher unaufmerksam, macht häufiger Fehler und verletzt sich schneller. Die Schweizer Unfallversicherung Suva spricht in einer Studie von einem „lebensgefährlichen Schlafmangel“. Der Gesundheitsreport der Krankenkasse DAK fokussiert sich schon 2017 auf Schlafstörungen und den Zusammenhang mit Arbeitsunfähigkeit.

Der Bericht belegt erneut die zunehmende Relevanz des Themas Schlaf für den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Die BAuA erweitert den Blick vom Schlafvorgang auf Pausen- und Erholungszeiten und warnt im September 2017:

Fallen Ruhezeiten regelmäßig aus oder müssen sich Beschäftigte auch außerhalb ihrer Arbeitszeit häufig um berufliche Belange kümmern, kann es zu negativen Beanspruchungsfolgen kommen.

Die Fakten: Deutlicher Anstieg bei Schlafstörungen*

  • Die Anzahl der Fehltage wegen Schlafstörungen ist von 2005 bis 2015 um fast 80 % gestiegen. Inzwischen leidet jeder zehnte Erwerbstätige in Deutschland unter einer Insomnie (Schlafstörung). (DAK 2017)
  • Eine Arbeitsunfähigkeit wegen Schlafstörungen dauert im Durchschnitt etwa 11 Tage. Alle Altersgruppen sind betroffen, Männer häufiger als Frauen. (DAK 2017)
  • Im Vergleich zu 2010 nehmen heute fast doppelt so viele Erwerbstätige Schlafmittel. (BG Verkehr 2017)
  • Bei jedem fünften Berufsunfall spielt Übermüdung aufgrund von Schlafproblemen eine Rolle (Suva 2016). Am häufigsten kommt es zu Stolper- und Sturzunfällen sowie Verletzungen mit Maschinen und Werkzeugen.
  • Jeder vierte Autofahrer ist schon einmal am Steuer eingeschlafen. (DVR 2016)


*Unter Schlafstörung fällt nicht, dass man mal eine schlechte Nacht hat. Erfasst wurden chronische Schlafstörungen nach klinischen Kriterien.


Quelle: Der Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG 15. August 2022


Gehalt ist den Deutschen nicht mehr so wichtig


Einer neuen Umfrage zufolge suchen viele Deutsche nach einem neuen Job – doch das Gehalt wird als Kriterium immer unwichtiger.
Mehr als 22.000 Arbeitnehmer aus 40 Ländern beteiligen sich vierteljährlich am Global Talent Monitor der Marktforschung CEB, die inzwischen zum IT-Beratungsunternehmen Gartner gehört. Aus Deutschland beteiligten sich in der aktuellen Umfrage 1250 Angestellte.
Offenbar haben sich die Deutschen beruflich was vorgenommen für das neue Jahr – zumindest wenn man der Umfrage glauben darf. Im dritten Quartal 2017 stieg die Anzahl der Deutschen, die aktiv auf Jobsuche sind, um fast zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Dabei achten die Deutschen weniger aufs Geld. Die Vergütung landete erstmals nicht mehr unter den fünf wichtigsten Anreizen für Bewerber. Stattdessen zählen vor allem eine ausgewogene Work-Life-Balance, ein passender Standort, der respektvolle Umgang im Unternehmen, ein stabiler Arbeitsplatz und genügend Urlaub.

Der Beruf spielt bei der Zufriedenheit der Menschen eine entscheidende Rolle. Karriere ist den meisten dagegen unwichtig. Wie die Deutschen Erfolg definieren - und was das für Arbeitgeber bedeutet.


„Größere finanzielle Anreize anzubieten ist nicht mehr die Wunderwaffe, wenn es darum geht, das Engagement und die Produktivität der Arbeitnehmer aufrechtzuerhalten“, sagt Daniel Dirks, Consulting Director EMEA von CEB. „Stattdessen sollten Unternehmen auf die Stimmung in ihrer Belegschaft achten und insbesondere auf die wachsende Unzufriedenheit rund um die Work-Life-Balance reagieren, indem sie mehr Flexibilität hinsichtlich der Arbeitsplatzgestaltung sowie andere nichtfinanzielle Anreize bieten.“
Darauf deutet auch ein weiteres Ergebnis der Umfrage hin: Nur 14 Prozent aller Arbeitnehmer engagieren sich in ihren derzeitigen Jobs über das erwartete Maß hinaus – da bleibt anscheinend genug Zeit, sich nach einer anderen Stelle umzusehen.


Quelle: Daniel Rettig (Wirtschaftswoche) 4. Januar 2018


Leistungsgesellschaft? Glücklich sein ist wichtiger als Karriere

Die Deutschen finden Glück und Gesundheit wichtiger als berufliche Leistungen. Der Beruf spielt bei der Zufriedenheit der Menschen eine entscheidende Rolle. Karriere ist den meisten dagegen unwichtig. Wie die Deutschen Erfolg definieren - und was das für Arbeitgeber bedeutet.
Die Deutschen sind glücklich. Sagt zumindest der aktuelle Glücksatlas der Deutschen Post. Dieses Glück, das der Atlas misst, hat nichts mit einem Lottogewinn zu tun. Es geht um eine Langzeitbewertung des eigenen Lebens, um Wünsche, Ziele, Erwartungen und Einstellungen.
Jahrelang lag dieser Wert in Deutschland statistisch gesehen um 7,0. Zwischen 2015 und 2016 sprang er auf 7,11 - ein spürbarer Hüpfer. Den neuen, leicht niedrigeren Wert von 7,07 betrachten die Forscher als statistische Unsicherheit und sehen die positive Tendenz als ungebrochen an. „Das ist ein vollkommen realistisches Bild, das die Deutschen von sich haben“, sagt der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen, der die repräsentative Studie am Dienstag vorstellte.
Raffelhüschen sieht den Grund für die hohe Zufriedenheit in einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung mit weniger Arbeitslosigkeit und Lohnzuwächsen. Denn Arbeit spielt für die Zufriedenheit eine wichtige Rolle.
Wo die glücklichsten Europäer leben
Eine neue Studie zeigt: In keinem Land Europas ist die Lebenszufriedenheit so hoch wie in Dänemark. Deutschland liegt auf Platz neun – und am Ende der Glücksskala finden sich Serben und Griechen wieder.
Das zeigt auch eine aktuelle Umfrage des Karrierenetzwerks Linkedin unter 2.067 Arbeitnehmer (1.000 Männer und 1.067 Frauen) in Deutschland. Allerdings spielt für die Befragten - Karrierenetzwerk hin oder her - die klassische Karriere keine Rolle, wenn es um das eigene Glück geht.
Familie, Freunde und Gesundheit sind wichtiger als Karriere
Nur knapp
ein Viertel der Befragten sehen berufliche Meilensteine als Erfolg an. Finanzielle Aspekte wie eine Gehaltserhöhung (16 Prozent) oder ein sechsstelliges Gehalt (12 Prozent) werden sogar als noch weniger wichtig bewertet. "Erfolg ist entgegen der weitläufigen Annahme nicht mehr das Motto ‚Mein Haus, mein Auto, mein Boot‘. Für viele sind persönliche Freiräume sowie genügend Zeit für Familie und Freunde sehr wichtig", sagt Barbara Wittmann, Mitglied der Linkedin-Geschäftsleitung in Deutschland, Österreich und der Schweiz.


.Quelle: Bert Losse (Wirtschaftswoche) 08. November 2017


DAK-Studie: Wenn Kundenkontakt krank macht


Nörgelnde Kunden, keine Pausenräume: Mitarbeiter im Handel leiden unter hohen Arbeitsbelastungen, heißt es in einer Studie der Krankenkasse DAK.

Auch wenn der Kunde noch so unfreundlich ist, sollten Verkäufer immer höflich bleiben und auf dessen Wünsche eingehen. Das führt bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Handel zu hohen psychischen Belastungen. Das geht aus dem Branchenreport Groß- und Einzelhandel der Krankenkasse DAK-Gesundheit, hervor.
Im Einzelhandel arbeiten danach neun von zehn Beschäftigten ausschließlich oder überwiegend mit Kunden (87 Prozent), im Großhandel sind es etwa zwei Drittel (65 Prozent). Hier zähle Schnelligkeit und eine positive Grundhaltung. "In der Auseinandersetzung mit anspruchsvollen Kunden entstehen Situationen, die emotional sehr belastend sein können", heißt es.

Dagegen schlägt die DAK ein einfaches Mittel vor: "Die Last der emotional fordernden Arbeit mit Kunden kann durch ein gutes Umfeld abgefedert werden", schreibt die DAK. Dazu dienen unter anderem eine höhere Sicherheit am Arbeitsplatz und vor allem ein Chef, der einem in Auseinandersetzungen mit schwierigen Kunden den Rücken stärke aber auch bei Fehlverhalten eines Mitarbeiters angemessen reagiere.

Gut zwei Drittel der befragten Beschäftigten (69 Prozent) fühlen sich der DAK-Studie zufolge bei der Arbeit häufig oder manchmal an den Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit. Bei 4,9 Millionen Beschäftigten in der Branche seien das rund 3,4 Millionen Männer und Frauen. Zudem fehlt es in den Unternehmen häufig an einem geeigneten Aufenthaltsraum - fast jeder Dritte muss die Pause in Abstell- oder Lagerräumen zubringen. Davon abgesehen, dass etwa die Hälfte der Beschäftigten mit viel Kundenkontakt (46 Prozent) kaum selber entscheiden könnten, wann sie Pausen machen.

Seltener krankgeschrieben, dafür länger

Dabei ist der Krankenstand in der Branche offenbar nicht ungewöhnlich hoch. Im Großhandel war er 2014 mit 3,4 Prozent leicht unterdurchschnittlich, im Einzelhandel lag er mit 4,0 Prozent in etwa dem Schnitt aller Versicherten der DAK-Gesundheit von 3,9 Prozent. Die Beschäftigten im Einzelhandel seien zwar seltener, dafür aber länger krankgeschrieben, heißt es in der Studie weiter. Sie haben demnach häufiger langwierige Probleme wie psychische Erkrankungen. Hier seien es sechs Prozent mehr Fehltage als im Durchschnitt aller erwerbstätigen DAK-Versicherten. Und bei Muskel-Skelett-Leiden wie Rückenschmerzen liegen sie sogar zwölf Prozent über diesem Durchschnitt.

Für den Report wurden vom Forschungsinstitut für Infrastruktur- und Gesundheitsfragen IGES Unfalldaten von rund 3,6 Millionen Vollarbeitern im Groß- und Einzelhandel ausgewertet sowie die Fehlzeiten aller in der Branche erwerbstätigen Mitglieder der DAK. Zudem wurden bundesweit mehr als 4000 Beschäftigte aus dem Handel sowie Vertreter von Geschäftsleitungen und Verantwortliche im Gesundheitsschutz befragt.


Quelle: Spiegel-online / brt/dpa14. 4. 2016

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