Unterschiede zwischen BGM und BGF

Immer noch voller Missverständnisse:

 


Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)

oder

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)


BGM oder BGF – Wo liegen die Unterschiede?


Es ist erstaunlich, wie oft die Begriffe in den meisten Unternehmen - bewusst oder unbewusst - verwechselt werden. So sind wir kürzlich von einem DAX-Konzern eingeladen worden, uns seine umfangreiche Präsentation des Betrieblichen Gesundheits-managements (BGM) anzuschauen und darüber zu diskutieren.


Alle vorgestellten Konzepte und Maßnahmen - ohne Zweifel sehr beeindruckend - waren reine Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF). Sicherlich helfen alle diese Maßnahmen, die Mitarbeiterbindung und -motivation im Unternehmen zu erhöhen und das Image als Arbeitgeber in den frequentierten Personalmärkten zu verbessern. Aber mit dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) haben diese Maßnahmen nur damit zu tun, da sie ein freiwillig zu leistender Teil eines umfassenden BGM sind.

Betriebliche Gesundheitsförderung (kurz: BGF)


Das BGF umfasst gemäß der Luxemburger Deklaration von 1997 alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz.


Bisherige Konzepte beschränkten sich auf die Einflussfaktoren der Arbeit, die die Gesundheit der Mitarbeitenden negativ beeinflussen und auf die Schutzmaßnahmen, die dies verhindern sollen (pathogenetischer Ansatz).


Um gesund zu bleiben beziehungsweise die Gesundheit wiederzuerlangen, ist es sinnvoll, die Faktoren in den Fokus zu nehmen, die der Gesunderhaltung dienen. Dieser sogenannte salutogenetische Ansatz bezieht sich auf die Förderung der Gesundheitsressourcen.


BGF verfolgt das Ziel, Menschen ein höheres Maß an selbstbestimmtem gesundheitsorientiertem Handeln zu ermöglichen. Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst alle Maßnahmen des Betriebes unter Beteiligung der Beschäftigten zur Stärkung ihrer Gesundheitskompetenzen sowie Maßnahmen zur Gestaltung gesundheitsförderlicher Bedingungen (Verhalten und Verhältnisse), zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden im Betrieb sowie zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit.


Dabei kann es sich auch um punktuelle, zeitlich befristete Einzelmaßnahmen handeln, ohne dass damit notwendigerweise ein Betriebliches Gesundheitsmanagement eingeführt wird. Damit ist BGF ein wesentlicher, aber nicht hinreichender Bestandteil für ein umfassendes und systematisches BGM.

Betriebliches Gesundheitsmanagement (kurz: BGM)


Das BGM integriert systematisch Gesundheitsziele in wesentliche Unternehmensentscheidungen und damit letztlich in die Unternehmenskultur. Gesundheitsziele werden zu gleichberechtigten Unternehmenszielen. Hier liegt der Fokus weniger auf den einzelnen Beschäftigten, sondern auf dem Management von Gesundheit innerhalb der gesamten Organisation:


BGM setzt sich aus drei verschiedenen Säulen zusammen:

  • Arbeits- und Gesundheitsschutz (incl. Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung!)
  • Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
  • Betriebliches (Wieder-) Eingliederungsmanagement (BEM)


Während der Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie das BEM im Gesetz verpflichtend für die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber geregelt sind, stellt die BGF eine freiwillige Leistung für das Unternehmen dar.


Alle Säulen verbindet ein gemeinsames Ziel: eine gesunde Organisation. Hinter dem Begriff „gesunde Organisation“ steht

  • die Förderung persönlicher Gesundheitsressourcen
  • eine gesundheitsförderliche Arbeitsplatzgestaltung sowie
  • eine gesundheitsgerechte Beschäftigtenführung und Organisation (Anmerkung: ca. 70 % aller psychischen Fehlbelastungen resultieren aus den Faktoren "Führung" und/oder "Organisation"


Ein funktionierendes BGM zeichnet sich durch die folgenden Kernkriterien aus:


  • Strukturqualität: Festlegung von Verantwortlichkeiten
  • Prozessqualität: Festlegung der Abläufe, Kommunikation
  • Ergebnisqualität: Festlegung messbarer Ziele und Evaluation der Ergebnisse


BGM ergänzt den Arbeitsschutz. Es ist ein umfassender, systematischer und kontinuierlicher betrieblicher Entwicklungsprozess und beinhaltet nicht nur einzelne Aktionen ohne belegte Nachhaltigkeit.


BGM umfasst und verknüpft diese Bausteine.

„Unter Betrieblichem Gesundheitsmanagement verstehen wir die Entwicklung betrieblicher Strukturen und Prozesse, die die gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeit und Organisation und die Befähigung zum gesundheitsfördernden Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Ziel haben."(Badura, Walter & Hehlmann, 2010, S. 33)

Ein immer wichtiger werdender Teil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements ist die seit 2014 nach § 5, ArbSchG vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung. Lediglich knapp 50% der ca. 3 Mio. verpflichteten Arbeitgeber in Deutschland haben diese Gefährdungsbeurteilung bis dato durchgeführt. Davon waren allerdings nach Angaben der Prüfbehörden nur ca. 25% vollständig und gesetzeskonform dokumentiert worden.


Nach unserer Überzeugung macht es wenig Sinn, über BGF-Maßnahmen nachzudenken, wenn man nicht zuvor dafür gesorgt hat, dass die psychische Gesundheit von Führungskräften und Mitarbeitenden gewährleistet ist und psychische Fehlbelastungen minimiert worden sind.

Das bedeutet, dass die Durchführung der Psychischen Gefährdungsbeurteilung ein entscheidender Schritt in Richtung BGM und zum gesunden Unternehmen ist.


Nicht umsonst wird die Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung als "die Mutter aller HR-Konzepte" bezeichnet.

Ob die von Ihnen durchgeführte Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung gesetzeskonform und vollständig ist, können Sie mit einer Check-List selbst überprüfen.

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